Einkommensteuervordrucke – Zugabe erwünscht, weil´s so schön ist

In meinem Beitrag „Aufreger des Monats Januar: Einkommensteuervordrucke 2019“ habe ich die aktuellen Formulare unter die Lupe und aufs Korn genommen. Aufgrund des großen Zuspruchs gibt es heute die gewünschte Zugabe zu dem Thema.

Hier eine Art „Best of“ der – aus meiner Sicht – zumindest für den ungeübten Anwender vollkommen unverständlichen Abfragen und Eintragungserfordernisse:

Anlage R:

Die Zeilen 15 bis 16 und 19 bis 20 der Anlage R suggerieren, dass dem Finanzamt die eDaten zu Rentenversicherungen lückenlos vorliegen. Das ist aber dann nicht der Fall, wenn z.B. eine Rente aus einem privaten Veräußerungsgeschäft oder aus dem Ausland bezogen wird. Daher muss gegebenenfalls in der Zeile 14 eine „1“ oder eine „2“ eingetragen werden und die Zeilen 15 ff. sind auszufüllen. Es wäre ja auch zu einfach, wenn man dort, wo „eDaten“ steht, auch tatsächlich „eDaten“ finden würde.

Anlage AV:

Grundsätzlich gilt, dass der Anbieter eines Altersvorsorgevertrags die zu berücksichtigenden Altersvorsorgebeiträge an die Finanzverwaltung übermittelt. Daher ist eine Angabe der Altersvorsorgebeiträge in der Einkommensteuererklärung nicht mehr erforderlich. Doch falls ein Sonderausgabenabzug beantragt wird, muss die Anlage AV abgegeben werden. Mit Abgabe der Anlage AV wird für alle übermittelten Altersvorsorgebeiträge der zusätzliche Sonderausgabenabzug geltend gemacht. Doch nun kommt es: Wird insgesamt, also für alle übermittelten Altersvorsorgeverträge kein Sonderausgabenabzug gewünscht, dann ist die Anlage AV nicht abzugeben. Hat man aber ausnahmsweise mehrere Altersvorsorgeverträge, wird es richtig kompliziert und es sollte Folgendes beachtet werden:

  • Die Altersvorsorgezulage wird nur für zwei dieser Verträge gewährt.
  • Für den Sonderausgabenabzug besteht eine solche Begrenzung indes nicht.
  • Geben Sie die die Anlage AV ab, wird für alle übermittelten Altersvorsorgeverträge der Sonderausgabenabzug gewährt, genauer gesagt wird er ermittelt und anschließend nach oben hin begrenzt.
  • Wollen Sie nicht für alle Verträge den zusätzlichen Sonderausgabenabzug geltend machen, sind Eintragungen in den Zeilen 31 bis 48 vorzunehmen.

Bis hierhin alles klar? Dann versuchen Sie einmal herauszufinden, welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn für drei Verträge der Sonderausgabenabzug geltend gemacht wird, sich dieser aber nicht in voller Höhe auswirkt. Kleiner Tipp: Lesen Sie einmal § 22 Nr. 5 EStG.

Anlage SO:

Hier geht es um sonstige Einkünfte. Lesen Sie aber einmal die Zeilen 6 und 8. Es geht beides Mal um Einnahmen aus Unterhaltsleistungen. Anstatt in Zeile 8 aber die schönen deutschen Wörter „zum Beispiel Bezüge aus Stiftungen“ zu schreiben, heißt es: „Bezüge i.S. d. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG.“ So, und nun liebe Leidensgenossen, lesen Sie bitte einmal die Vorschrift. Dort heißt es: „Werden die Bezüge freiwillig oder auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt, so sind sie nicht dem Empfänger zuzurechnen; dem Empfänger sind dagegen zuzurechnen

a) Bezüge, die von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung gewährt werden, und

b) Bezüge im Sinne des § 1 der Verordnung über die Steuerbegünstigung von Stiftungen, die an die Stelle von Familienfideikommissen getreten sind, in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 611-4-3, veröffentlichten bereinigten Fassung.“

Der steuerliche Laie (oder wenden sich die Vordrucke nur an Fachleute?) wird also aufgefordert herauszufinden, was in Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 611-4-3 steht, und zwar in der veröffentlichten bereinigten Fassung. Ah ja. Alles verstanden.

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