Einkünfte aus VuV: Immer wieder Streit um Kanalanschluss- und Erschließungskosten

Seit Beginn meiner Ausbildung im Jahre 1982 verfolgt mich das Thema „Steuerliche Behandlung von Kanalanschluss- und Erschließungskosten“, von Finanzbeamten auch liebevoll „Erschl-Kos“ genannt. Wahrscheinlich ist es Generationen von Steuerprofis bereits zuvor nicht anders gegangen. Dabei sind die Grundsätze eigentlich seit langem bekannt:

  • Aufwendungen für eine erstmalige Erschließungsmaßnahme gehören regelmäßig zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens, weil der erstmalige Anschluss an öffentliche Einrichtungen die (abstrakte) Nutzbarkeit des Grundstücks und damit dessen Wert erhöht. Solche Aufwendungen beziehen sich in erster Linie auf das Grundstück, weil sie dazu dienen, es baureif zu machen; sie gehören nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes und sind daher nicht abschreibbar.
  • Aufwendungen für die Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal (sog. Hausanschlusskosten) einschließlich der sog. Kanalanstichgebühr gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind. Diese Kosten sind im Wege der AfA zu berücksichtigen.
  • Abweichend hiervon sind Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweisen) Instandsetzung einer vorhandenen Kanalisation als Werbungskosten sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten für Anlagen auf privatem oder auf öffentlichem Grund entstanden sind.

In einem aktuellen Fall vor dem BFH ging es um die Frage, wie die Kosten für die Sanierung einer Kanalisation zu behandeln sind, wenn auf einem Grundstück bereits ein Gebäude stand, dieses aber abgerissen und ein neues Gebäude (vermietetes Zweifamilienhaus) errichtet wurde.

Hier haben die obersten Finanzrichter zugunsten des Bauherrn entschieden, dass die Aufwendungen für die Instandsetzung und teilweisen Erneuerung des vorhandenen und funktionsfähigen Abwasserrohrsystems als Werbungskosten sofort abziehbar sind, da sie lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen. Sie sind nicht als Herstellungskosten zu qualifizieren, da sie weder der Herstellung eines neuen, bisher nicht vorhandenen Abwasserrohrsystems noch der Wiedererstellung eines zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Rohrsystems dienten und auch nicht das Grundstück in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert haben.

Lediglich die Aufwendungen des Klägers für die Verbindung des – sanierten – Abwasserkanals mit dem neuen Gebäude („Hauseinführung mittels Diamantkern-Bohrung einschl. Wandeindichtung, Isolierung und Dämmung“) dienten insoweit der Herstellung des Zweifamilienhauses. Sie sind als Herstellungskosten lediglich im Rahmen der AfA zu berücksichtigen und mithin nicht sofort abziehbar (BFH-Urteil vom 3.9.2019, IX R 2/19).

Die Vorinstanz hatte den Sachverhalt übrigens anders beurteilt: Sie vertrat die Auffassung, dass die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen Herstellungskosten des neu errichteten Zweifamilienhauses darstellten, da sie der erstmaligen Herstellung eines funktionstüchtigen, bewohn- und nutzbaren Gebäudes gedient hätten. Die Kosten seien auch nicht deshalb als Erhaltungsaufwand anzusehen, weil die Kanalleitungen bereits vorhanden gewesen seien; denn ohne die Beseitigung des Wurzeleinwuchses im Anschlusskanal hätte die vorhandene Entwässerungsleitung für das neu errichtete Gebäude nicht genutzt werden können (FG Düsseldorf, Urteil vom 13.9.2018, 14 K 3011/17).

Gut, dass der Bauherr hartnäckig geblieben ist und die Sache vor den BFH getragen hat.

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