Erbschaftsteuer: Steuerschädliche Übertragung an Kinder nach Erbfall

Die Vererbung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie (Familienheim) an den Ehegatten oder an Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder ist erbschaftsteuerfrei, und zwar zusätzlich zu bzw. unabhängig von den persönlichen Freibeträgen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen.

Fallen die Voraussetzungen innerhalb von zehn Jahren weg, entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG). Eine Ausnahme gilt (nur), wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist (vgl. hierzu meinen Blog-Beitrag „FGs haben kein Einsehen bei psychischen Krankheiten von Steuerpflichtigen“).

Aktuell hat der BFH entschieden, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim rückwirkend wegfällt, wenn der Erbe (Witwe/Witwer) das Familienheim innerhalb des Zehnjahreszeitraums auf ein Kind überträgt, obwohl er sich ein Wohnrecht vorbehält und das Haus weiterhin selber bewohnt. Denn bei Aufgabe des Eigentums durch Schenkung fällt – genau wie beim Verkauf – die Steuerbefreiung für das Familienheim weg (BFH-Urteil vom 11.7.2019, II R 38/16).

Der Sachverhalt: Die Witwe hat ihren Ehemann als Alleinerbin beerbt. Zum Nachlass gehörte der hälftige Anteil am Familienheim, das nunmehr allein von der Witwe zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ein Jahr später übertrug sie das Familienheim im Wege der Schenkung auf ihre Tochter unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zu ihren Gunsten, aufgrund dessen sie das Haus weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Das Finanzamt setzte daraufhin für den Erwerb Erbschaftsteuer fest.

Nach Auffassung der Richter reicht es für die Steuerbefreiung nicht aus, dass die Witwe das Haus aufgrund des vorbehaltenen Wohnrechts noch weiter selber bewohnt. Zwar sei in der Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG nicht erwähnt, dass die Aufgabe der Eigentümerposition schädlich sein soll. Jedoch ergebe die Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes und unter Berücksichtigung systematischer Gesichtspunkte, dass die Steuerbefreiung nicht nur dann entfällt, wenn der Erwerber das Familienheim nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, sondern auch dann, wenn er das Eigentum daran auf Dritte – auch eigene Kinder – überträgt, unabhängig davon, ob er das Familienheim weiter selber bewohnt.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 11.07.2019 – II R 38/16

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