Erleichterungen für Corona-Geimpfte und -Genesene – Aber wann folgen Erleichterungen am Arbeitsplatz?

Am 6. und 7.5.2021 haben Bundestag und BundesratErleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung und Verbreitung des Coronavirus beschlossen. Aber wann folgen jetzt auch entsprechende Erleichterungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsschutzrecht?

Hintergrund

Ziel der beschlossenen Verordnung der Bundesregierung (BT-Drs. 19/29257) ist es, hinsichtlich bereits bestehender Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen für getestete Personen eine Gleichstellung von geimpften und genesenen Personen vorzunehmen. Konkret ist es geimpften und genesenen Personen wieder möglich, ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten, Zoos oder botanische Gärten zu besuchen oder für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern. Die Verordnung sieht für geimpfte und genesene Personen Erleichterungen und Ausnahmen bei der Beschränkung von Zusammenkünften und den Aufenthalt außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft vor. Auch mit Blick auf Quarantänepflichten greifen jetzt Ausnahmeregelungen. Der Kern ist die Gleichstellung von geimpften Personen und genesenen Personen mit getesteten Personen.

Wer A sagt, muss auch B sagen

In der Verordnungsbegründung heißt es: „Eine Schutzmaßnahme, die unverhältnismäßig in die Abwehrrechte von Personen mit reduziertem Ansteckungsrisiko für andere eingreift, wäre im Hinblick auf Art. 3 GG grundsätzlich auch gleichheitsrechtlich zu beanstanden. Denn dann wäre kein Sachgrund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, Personengruppen mit nachweislich wesentlich ungleichem und leicht zu überprüfendem Ansteckungspotenzial infektionsschutzrechtlich gleich zu behandeln oder Personen mit wesentlich gleichem und leicht zu überprüfenden Ansteckungspotential infektionsschutzrechtlich ungleich zu behandeln.“ Richtig und so weit so gut.

Die Verordnung beschränkt sich aber für Geimpfte und Genesene nur auf Erleichterungen und Ausnahmen von Geboten und Verboten nach dem fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetztes (IfSG). Gebote und Verbote nach anderen Gesetzen, insbesondere den Arbeitsschutzvorschriften sind also nicht im Visier angeordneter Erleichterungen.

Aber ist das konsequent? Muss mit der gleichen Begründung nicht auch das Arbeitsschutzrecht wieder gelockert werden, insbesondere die Corona-Arbeitsschutzmaßnahmenverordnung wieder liberalisiert werden?

Ich meine: Ja! Mit der vom Bundeskabinett am 21.4.2021 gebilligten 3.ÄndV zur CoronaArbSchV wurde die Testangebotspflicht des Arbeitgebers abermals verschärft: Für alle Betriebe und Verwaltungen in Deutschland, deren Beschäftigte nicht ausschließlich von ihrer Wohnung aus arbeiten, wird die Frequenz der Testangebotspflicht erhöht und eine zweimal wöchentliche Testung eingeführt. Testbeschaffungsnachweise oder Nachweise über Beauftragung von Test-Dienstleistern sind bis 30.6.2021 aufzubewahren. Die Regelungen zum Homeoffice werden aus der Corona-ArbSchV herausgelöst und im neuen § 28b Abs. 7 IfSG neu gefasst: Beschäftigte haben das für den Arbeitgeber zwingende Angebot anzunehmen, keine zwingenden Gründe entgegenstehen. An diese neuen, noch bis Ende Juni 2021 geltenden freiheitsbeschränkenden Gebote und Verbote am Arbeitsplatz hat bislang offenbar noch niemand in Bundestag und Bundesrat gedacht, auch nicht der für die Corona-ArbSchV zuständige Bundesarbeitsminister.

Die geltende Corona-ArbSchV greift mit der Homeoffice-Angebotspflicht sowie mit der Testangebotspflicht in unternehmerische Freiheitsrechte, mit der Annahmeverpflichtung von Homeoffice- Angeboten auch in Freiheitsrechte von Arbeitnehmern ein – in beiden Fällen differenzierungslos, denn es kommt nicht darauf an, ob ein Arbeitnehmer geimpft oder genesen ist. Warum aber soll am Arbeitsplatz ein anderer Maßstab gelten? Warum sollte ein geimpfter oder genesener Arbeitnehmer verpflichtet sein, im Homeoffice zu arbeiten? Warum sollte ein Arbeitgeber verpflichtet sein, ein entsprechendes Angebot zu machen? Warum sollte ein Arbeitgeber verpflichtet sein, seinen geimpften oder genesenen Arbeitnehmern dennoch zweimal pro Woche ein kostenloses Testangebot zu machen?

Hinzu kommt, dass ab Juni durch Betriebsimpfungen eine erhebliche Zahl an Geimpften hinzukommen wird. Aktuell lässt sich aber nicht erkennen, ob der Bund im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung bzw. im Rahmen Ihrer möglichen Fortschreibung nach dem 30.6.2021 diesen neuen Umständen Rechnung tragen wird. Ich finde, da passt etwas nicht (mehr) zusammen – wer A sagt muss auch im Arbeitsschutzrecht B sagen, auf dem Weg zurück zu mehr Freiheit.

Quellen

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