Ermäßigter Steuersatz für die Leistungen eines Trauerredners

Viele Menschen gehören heute zwar keiner Kirche mehr an, möchten aber dennoch, dass bei ihrer Trauerfeier eine Ansprache oder Trauerrede gehalten wird. Gleiches gilt bei Hochzeitsfeiern. Bisher ist nicht eindeutig geklärt, ob Trauer- oder Hochzeitsredner bezüglich der Einkommensteuer eine gewerbliche oder künstlerische (= freiberufliche) Tätigkeit ausüben und ob ihre Leistungen dem regulären oder den ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen. Die OFD Frankfurt/M. hat nun zumindest zu der umsatzsteuerlichen Sichtweise Stellung genommen (Verfügung vom 06.03.2018, S 7240 A-24-St 16).

Zum Hintergrund: Bisher müssen Trauerredner auf ihre Leistungen den vollen Umsatzsteuersatz von 19 % erheben (OFD Frankfurt vom 9.2.2012, S 7240 A-24-St 112). Noch im Jahre 2009 hat der BFH Trauerrednern den ermäßigten Umsatzsteuersatz verweigert und sie zum regulären Steuersatz verpflichtet (BFH-Urteil vom 21.10.2009, V R 8/08). Ende 2015 hat der BFH dann entschieden, dass Trauer- und Hochzeitsredner in ihren Rechnungen nur den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % berechnen müssen, sofern die Tätigkeit als „künstlerisch“ zu beurteilen ist. Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen nämlich „die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler“ (gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG). Unerheblich sei, dass sich Hochzeits- und Trauerreden nicht als Kulturangebot an die Allgemeinheit, sondern an einen geschlossenen Personenkreis richten. Es spiele auch keine Rolle, dass die Vergütung nicht von den Zuhörern oder Zuschauern, sondern vom Veranstalter gezahlt werde (BFH-Urteil vom 3.12.2015, V R 61/14).

Aktuell greift die OFD Frankfurt das BFH-Urteil auf, weist aber zunächst darauf hin, dass die Tätigkeit eines Hochzeits- oder Trauerredners grundsätzlich keine künstlerische Tätigkeit darstellt und folglich der allgemeine Umsatzsteuersatz anzuwenden sei. Aber die Tätigkeit kann doch als „künstlerisch“ zu werten sein: Nämlich dann, wenn die Darbietung des Redners von einer eigenschöpferischen Leistung geprägt wird, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt. Dies erfordert, dass der Vortrag sich nicht auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt. In diesem Fall darf dann der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % angewandt werden.

Die Tätigkeit eines Hochzeits- oder Trauerredners beschränke sich nicht darauf, den Abnehmern ein Recht an seinem Redemanuskript einzuräumen, sondern er erarbeitet gemeinsam mit dem Kunden die Grundlagen für die Rede, trägt diese Rede als zentralen Punkt der Veranstaltung auch vor und wird dabei moderierend und unterhaltend tätig. Wesentlicher und prägender Teil der erbrachten Leistung sei der Vortrag einer auf den Kunden zugeschnittenen Rede mit moderierender Begleitung des Publikums bei der Veranstaltung. Dabei gewährleiste der Hochzeits- oder Trauerredner eine von den Zuhörern als passend und gekonnt empfundene Leistung. Das könne „künstlerisch“ sein.

Der BFH hatte bereits klargestellt: Das Wesen einer „künstlerischen“ Tätigkeit liegt in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung wird geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt.

Bei guten Rednern dürfte das „Künstlerische“ meistens erfüllt sein: Sie halten individuell zugeschnittene Reden und fungieren gleichzeitig als „Event-Pfarrer“ und „Zeremonienmeister“ in der Darbietung eines Gesamtkunstwerkes. Bei Trauerreden wird das Leben des Verstorbenen anhand seines Werdeganges gewürdigt und bei Hochzeitsreden über die Umstände des Kennenlernens berichtet. Mancher Redner versucht, die Individualität des Verstorbenen darzustellen und nimmt bei der Trauerfeier auch Lichteffekte und Musikeinspielungen vor.

Achtung: In einigen Publikation findet sich – unter dem gleichen Aktenzeichen – die Verfügung der OFD Frankfurt/M. vom 22.01.2018. Diese ist jedoch überholt. In der aktuelleren Verfügung findet sich folgender neuer – wichtiger – Punkt: Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 26.09.2017, 3 K 1461/16, entschieden, dass die Tätigkeit einer Hochzeits- und Trauerrednerin keine künstlerische Tätigkeit i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG darstellt. Zwar mögen die Reden nach Auffassung des Finanzgerichts gelungen, dem Anlass angemessen und auch den Bedürfnissen der Auftraggeber bei den jeweiligen Anlässen entsprechend sein. Es fehle aber an einer Gestaltungshöhe, da sich die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Redemanuskripte nicht aus der Masse der zu solchen Anlässen gehaltenen Reden besonders herausheben. Außerdem könne die Klägerin nicht frei über den Inhalt entscheiden, weil sie lediglich erhaltene Informationen der Auftraggeber gestalte. Auch wenn die Klägerin keine Textbausteine verwende, sind die Reden offensichtlich aus dem Erfahrungsschatz der Klägerin geprägt und einander in Aufbau und Grundstimmung der Rede sowie dem verwendeten Vokabular jeweils ausgesprochen ähnlich. Die Reden entbehren daher einer bestimmten Gestaltungshöhe. Gegen das Urteil hat die Klägerin die zugelassene Revision eingelegt. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az. XI R 36/17 geführt.

Praxishinweis:
Möglicherweise helfen das BFH-Urteil und die aktuelle Verfügung, damit Trauer- und Hochzeitsredner nur (wieder) eine Aufnahme in die Künstlersozialkasse beantragen können.

 

 

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