EU-Parlament beschließt deutliche Abschwächung der EU-Lieferketten-Richtlinie

Am 13.11.2025 hat das EU-Parlament beschlossen, die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) stärker abzuschwächen als zunächst geplant. Was bedeutet diese Entscheidung für deutsche Unternehmen?

Hintergrund

Die ursprüngliche EU-Lieferketten-RL sah vor, Unternehmen umfassend durch Berichtspflichten nachweiseispflichtig darüber zu machen, dass in ihrer Lieferkette keine Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen vorkommen. Die europäische Lieferketten-RL wurde 2024 beschlossen und sollte ab 2027 gelten, doch die EU-Kommission hat Anfang 2025 entschieden, den ersten Stichtag für die Umsetzung um ein Jahr auf den 26.6.2028 zu verschieben. Die Kommission hatte im Februar 2025 ein „Omnibus“-Entlastungspaket vorgelegt. Dabei geht es um die in der Lieferkettenrichtlinie festgelegten Prüfpflichten der Unternehmen in ihrer Lieferkette, um die Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) und die Taxonomie-Verordnung zur Definition von Nachhaltigkeit.

EU-Parlament beschließt Erleichterungen

Nach dem Beschluss des EU-Parlaments vom 13.11.2025 wird der Kreis der betroffenen Unternehmen nun deutlich eingeschränkt: Die Schwelle soll auf Unternehmen mit mindestens 5000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro steigen. Im ersten EU-parlamentarischen Kompromissvorschlag lagen die Schwellen bei 1000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro. Ferner müssen die noch betroffenen Unternehmen ihre Lieferketten nicht mehr in jedem Fall überprüfen, sondern nur noch Informationen liefern, wenn nach ihrer eigenen Sicht ein besonderes Risiko für Verstöße besteht.

Auch die bislang vorgesehene EU-weite Haftung für Verstöße gegen das Gesetz ist ganz gestrichen worden. Damit entfallen auch bisher vorgesehene Entschädigungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung durch Gerichte in den EU-Staaten. Außerdem entfällt die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung der Unternehmen, sogenannte Klimapläne zu erstellen. Deren Zweck war ursprünglich, dass die Unternehmen die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf das Klima dokumentieren müssen.

Auswirkungen auf deutsche Unternehmen

Mit dem Beschluss vom 13.11.2025 hat sich das EU-Parlament nun mit einer Kehrtwende für eine besonders wirtschaftsfreundliche Linie ausgesprochen; dies aus Sicht der deutschen Wirtschaft sehr zu begrüßen, weil damit der administrative und finanzielle Aufwand zur Gewährleistung von Menschenrechts- und Umweltschutzstandards in Lieferketten auf ein erträgliches Maß zurückgeführt wird.

In Deutschland soll das sog. Lieferkettengesetz (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LKSG) aktuell durch eine möglichst bürokratiearme Umsetzung der EU-Richtlinie CSDDD ersetzt werden. Am 3.9.2025 hat deshalb die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LKSG) beschlossen.

Am 17.10.2025 hat sich der Bundesrat mit dem Gesetzentwurf zur Entschärfung des Lieferkettengesetzes befasst: Die Länderkammer fordert noch weiter gehenden Bürokratieabbau als von der Bundesregierung bislang geplant (BR-Drs. 422/25 (B)). Um Nachteile für die deutsche Wirtschaft abzuwenden, hat die Bundesregierung durch Verwaltungsanweisung vom 26.9.2025 die BAFA bereits während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens angewiesen, die Prüfung von Unternehmensberichten und Einhaltung von Berichtspflichten ab sofort einzustellen, ferner Ordnungswidrigkeitenverfahren nur noch in engen Grenzen einzuleiten – ich habe im Blog berichtet.

Bewertung

Die Entschlossenheit des EU-Parlaments zum Abbau übermäßiger Bürokratie zur Entlastung der europäischen Unternehmen ist zu begrüßen. Bemerkenswert ist, dass der Mehrheitsbeschluss im EU-Parlament mit Unterstützung der Rechten zustandegekommen ist, was der EVP den Vorwurf eingebracht hat, mit diesem „Abstimmungsbündnis“ eine Brandmauer eingerissen zu haben. Allerdings muss sich der de facto Koalitionspartner der Sozialdemokraten fragen lassen, warum sich beim Vorschlag der EVP nicht kompromissbereit war.

Der Positionsbeschluss des EU-Parlaments muss nun im nächsten Schritt noch im sog. Trilog-Verfahren verhandelt werden, dessen Abschluss noch diesem Jahr geplant ist. Für den deutschen Gesetzgeber bedeutet die Entscheidung des EU-Parlaments, dass er seine Überarbeitung des LKSG jetzt im Lichte der EU-Entscheidung überprüfen muss. Den deutschen Unternehmen kann das nur recht sein.

 

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. jur. Ralf Jahn

    • Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
    • ehem. Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
    • ehem. Honorarprofessor an der Universität Würzburg

    Warum blogge ich hier?
    Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.

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