Fehlende Beitragsentlastung für Eltern in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht verfassungswidrig

Eigentlich blogge ich nur ungerne zum Sozialversicherungsrecht, da es zu diesem Thema sicherlich Autoren mit tieferer Fachkenntnis gibt. An dieser Stelle möchte ich aber dennoch auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) hinweisen, das ich zwar inhaltlich nachvollziehen kann, bei dem sich mir aber – gerade angesichts des derzeitigen Bundestags-Wahlkampfs – ein Störgefühl einstellt. Das BSG hat nämlich mit Urteil vom 20.7.2017 entschieden, dass es nicht gegen die Verfassung verstößt, wenn von Eltern wegen ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistungen keine niedrigeren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gefordert werden (B 12 KR 14/15 R). Unbestreitbar leisten, so das Gericht, Eltern durch die Betreuung und Erziehung von Kindern über ihre monetären Beiträge hinaus auch einen generativen Beitrag, der sich auf den Erhalt der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung auswirkt, wenn die Kinder später selbst zu Beitragszahlern werden. Dass Eltern und Kinderlose bei der Beitragsbemessung dennoch gleich behandelt werden, verstoße jedoch nicht gegen die Verfassung, weil es im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung zusätzliche Leistungen für Eltern gebe, zum Beispiel Kindererziehungszeiten. Hierdurch habe der Gesetzgeber den ihm bei der Gestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung zukommenden Spielraum in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise genutzt. Inwieweit eine stärkere Berücksichtigung der Betreuungs- und Erziehungsleistung möglicherweise sozialpolitisch wünschenswert oder angezeigt sei, obliege allein der Entscheidung des hierzu berufenen parlamentarischen Gesetzgebers. Das BSG hat damit seine in den Urteilen aus den Jahren 2006 und 2015 geäußerte Rechtsauffassung bestätigt. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolgte wiederum nicht.

Das Störgefühl kommt bei mir deshalb auf, weil wir momentan nahezu in jeder Nachrichtensendung und in jeder Talkshow hören, dass es Verbesserungen für Familien geben muss. Tatsächlich sind aber in den vergangenen Jahren nur marginale Änderungen erfolgt und wirklich wirksame Entlastungen bereits im Bereich der Beiträge – sieht man einmal von einer kleinen Entlastung bei der Pflegeversicherung ab – für nicht notwendig erachtet worden. Aktive und wirksame Familienpolitik sieht anders aus.

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