Gebäude in Sanierungsgebieten: Fiskus misstraut den Gemeinden

Für Baumaßnahmen an einem vermieteten Gebäude, das in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder in einem städtebaulichen Entwicklungsbereich liegt, können erhöhte Abschreibungen in Anspruch genommen werden. Begünstigt sind insbesondere Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuchs. Begünstigt ist allerdings nur der Erhalt von sanierungsbedürften Gebäuden, nicht hingegen der bautechnische Neubau von Gebäuden (§ 7h EStG).

Bis 2014 waren die Prüfungskompetenzen für die Gewährung der erhöhten Absetzungen nach § 7h EStG auf die Gemeindebehörden und die Finanzverwaltung entsprechend der Fachkompetenzen aufgeteilt. Die zuständige Gemeindebehörde prüfte u.a., ob Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten im Sinne des § 177 BauGB an dem Gebäude durchgeführt worden sind. Deren Bescheinigung war Grundlagenbescheid und notwendige Voraussetzung für die Gewährung der erhöhten Absetzungen. Die Finanzämter hatten hingegen die steuerrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, u.a. ob die bescheinigten Aufwendungen steuerrechtlich dem Gebäude zuzuordnen sind und ob die bescheinigten Aufwendungen zu den Herstellungskosten oder begünstigten Anschaffungskosten, zu den sofort abziehbaren Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten oder zu den nicht abziehbaren Ausgaben gehören. Dann aber hatte der BFH im Jahre 2014 entschieden, dass allein die Gemeinde prüft und entscheidet, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB durchgeführt werden. Bestätigt hiernach die Bescheinigungsbehörde trotz Vorliegen eines bautechnischen Neubaus begünstigte Modernisierungsmaßnahmen nach § 177 BauGB, sei das Finanzamt hieran grundsätzlich gebunden (BFH 22.10.2014, X R 15/13).

Nun soll für Baumaßnahmen, mit denen ab dem 1.1.2019 (!) begonnen wird bzw. worden ist, der frühere Zustand wieder hergestellt werden. Nunmehr soll wieder das Finanzamt das Prüfungsrecht haben, ob die Aufwendungen zur erhöhten Absetzung berechtigen oder ob es sich um einen schädlichen Neubau handelt. Die Gemeinde hat zwingend die Höhe der Aufwendungen in ihrer Bescheinigung auszuweisen. Die – geplante – Neuregelung findet sich in Absatz 1a des § 7h EStG. So heißt es also künftig:

(1) Bei einem im Inland belegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich kann der Steuerpflichtige abweichend von § 7 Absatz 4 und 5 im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 Prozent und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 Prozent der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuchs absetzen….

(1a) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, sofern Maßnahmen zur Herstellung eines neuen Gebäudes führen. Die Prüfung, ob Maßnahmen zur Herstellung eines neuen Gebäudes führen, obliegt der Finanzbehörde.

(Ge­setz zur wei­te­ren steu­er­li­chen För­de­rung der Elek­tro­mo­bi­li­tät und zur Än­de­rung wei­te­rer steu­er­li­cher Vor­schrif­ten – Entwurf)

Was sich als mehr oder weniger „einfache“ Änderung im Anschluss an ein BFH-Urteil darstellt, hat in Wahrheit einen schwerwiegenden Hintergrund. Der Fiskus misstraut nämlich den Gemeinden ganz massiv bei der Ausstellung der erforderlichen Bescheinigungen. Diese haben in der Vergangenheit wohl allzu oft die Voraussetzungen des § 177 BauGB nicht hinreichend geprüft. Vielleicht haben sie auch ein ums andere Mal ein Auge zugedrückt, wenn ein Investor „auf der Matte“ stand. So heißt es auch in der Gesetzesbegründung:

„Zwar besteht auf Seiten der Finanzämter das Recht der sog. Remonstration, wonach die Finanzämter die bescheinigenden Behörden um Überprüfung sowie um Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung nach Maßgabe des § 48 Absatz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz bitten können. Dieser Verwaltungsrechtsweg hat sich in der Praxis allerdings als zumeist ungeeignet erwiesen, um etwaigen offensichtlich unrichtigen Bescheinigungen wirksam entgegen zu treten.“

Ich kann zwar – ehrlich gesagt – die Verärgerung der Finanzverwaltung über unrichtige Bescheinigungen durchaus nachvollziehen. Es ist aber doch eine Bankrotterklärung, wenn der Gesetzgeber erklärt, dass die eine Verwaltung das Handeln einer anderen Verwaltung kontrollieren muss, weil die Verwaltung Nr. 1 in der Vergangenheit zu oft schlampig gearbeitet hat. Denn nichts anderes bedeutet die Ergänzung des § 7h EStG. Für die Praxis jedenfalls ist die Neuregelung äußerst ärgerlich, denn sie darf sich nun mitunter mit den Bausachverständigen der Finanzverwaltung auseinandersetzen, die aufgrund ihrer Arbeitsüberlastung oftmals erst nach 1 ½ oder 2 Jahren tätig werden. Investoren werden also durch die Neuregelung ein großes Stück Rechtssicherheit verlieren.

Weitere Informationen:

BFH v. 22.10.2014 – X R 15/13

 

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