Gesetz für faire Verbraucherverträge – Traum oder Albtraum?

Soeben hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht den Referentenentwurf des Gesetzes für faire Verbraucherverträge vorgelegt, auch als Gesetz gegen Abofallen bezeichnet. Eines der Kernelemente des Gesetzes ist, dass es künftig keine 24-Monats-Verträge mehr geben darf und dass sich Verträge künftig nicht mehr automatisch um ein Jahr, sondern nur noch um drei Monate verlängern dürfen. Genauer gesagt dürfen die AGB entsprechende Klauseln nicht mehr enthalten – so der Wunsch von Frau Lambrecht.

Als Negativbeispiele werden insoweit oftmals „Handyverträge“, „Stromverträge“ und „Fitness-Studio-Verträge“ genannt. Ich selbst kann zwar die Intention des Gesetzes durchaus verstehen, halte das Gesetz aber dennoch für fragwürdig, da es Bereiche betreffen wird, an die die politischen Akteure offenbar (noch) nicht denken.

Vorweg möchte ich der guten Ordnung darauf hinweisen, dass ich aufgrund jahrelanger Verbundenheit mit der Medienbranche sicherlich befangen bin. Und zudem möchte ich darauf hinweisen, dass ich kein Jurist bin. Dennoch möchte ich nachfolgend einige Fälle vorstellen, die aus meiner Sicht von dem neuen Gesetz betroffen sein werden, wenn es in der derzeit geplanten Version verabschiedet wird.

Zunächst ein Auszug aus der Gesetzesbegründung: „Der geltende § 309 Nummer 9 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) begrenzt die Laufzeitvereinbarungen durch AGB in Verbraucherverträgen. Danach kann durch AGB bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- und Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, keine Laufzeit von mehr als zwei Jahren vereinbart werden. Stillschweigende Verlängerungen des Vertragsverhältnisses sind nur für maximal ein Jahr möglich. Die Kündigungsfrist darf drei Monate nicht überschreiten.  ….. Die bislang vorgesehenen Beschränkungen bei Laufzeiten sind nicht mehr sachgerecht. Die lange Vertragsbindung hemmt den Wechsel der Verbraucher zu einem anderen Anbieter und damit den Wettbewerb. Die Klauseln zur Vertragsverlängerung werden von Verbrauchern übersehen oder vergessen. Durch die Beschränkung der Laufzeit auf ein Jahr, die Verkürzung der automatischen Verlängerung und eine kürzere Kündigungsfrist von einem Monat soll der Verbraucher hinsichtlich der Wahlfreiheit hinsichtlich seines Vertragspartners gestärkt und der Wettbewerb gefördert werden.“

Im Klartext: Aboverträge, die zunächst ein Jahr laufen, dürfen sich anschließend automatisch nur noch um drei Monate verlängern. Damit wären auch betroffen:

  • Kommunale Versorgungsbetriebe,
  • Verkehrsbetriebe mit Jahrestickets,
  • Bahncard der Deutsche Bahn,
  • Sportvereine mit Dauerkarten (nicht nur Bayern, Schalke und Dortmund, sondern viele Vereine der unteren Ligen),
  • Zoos mit Jahreseintrittskarten,
  • Vereine mit Jahresbeiträgen, die ihren Mitgliedern gegenüber dauerhaft Leistungen erbringen (z.B. die Zurverfügungstellung von Sportstätten),
  • Sparkassen und Volksbanken (z.B. Jahresgebühren für Kreditkarten),
  • Schwimmbäder mit Jahreseintrittsberechtigungen,
  • Opern- und Theatertickets,
  • IT-Anbieter, die zum Beispiel einen jeweils 12 Monate andauernden Virenschutz für PCs anbieten.

All diese Unternehmen und Institutionen werden künftig in ihren Haushaltsplänen berücksichtigen müssen, dass bereits gewonnene Kunden oder Mitglieder gegebenenfalls nach Ablauf des dritten Monats des kommenden Jahres „aussteigen“ oder wechseln werden.

Die Kommunalen Versorgungsbetriebe werden jedenfalls zu Beginn eines Jahres dem jeweiligen Stadtkämmerer nur noch einen geringeren Überschuss „versprechen“ dürfen als bislang. Die Stadtkämmerer müssen dies wiederum in ihren Haushaltsplänen berücksichtigen.

Aber zugegeben: Natürlich werden diejenigen, die einmal einen 24-Monats-Vertrag abgeschlossen haben und aus diesem einfach nicht „herausgekommen“ sind, eine andere Sichtweise auf die Dinge haben. Und das werden nicht wenige Personen sein. Mit dem Hinweis auf die Vertragsfreiheit wird man die Betroffenen wohl kaum zufriedenstellen können.

Wie ist Ihre Sichtweise? Halten Sie das Gesetz für einen Traum oder einen Albtraum?

Weitere Informationen:

Gesetz für faire Verbraucherverträge – BMJV

3 Gedanken zu “Gesetz für faire Verbraucherverträge – Traum oder Albtraum?

  1. Die Anbieter verdienen allerdings auch gutes Geld mit den „Schläfern“, deren Verträge sich (ungewollt) immer weiter verlängern (Stichwort: Fitnessstudio). Ich glaube, es gibt eine gewaltige Vielzahl an Verbrauchern, denen eine solche Neuregelung beachtlich weiterhelfen würde. Über einen solchen Fall habe ich hier berichtet:

    https://www.nwb-experten-blog.de/wenn-der-telefonvertrag-von-morgen-nicht-schon-heute-beginnt/

    • Vielen Dank, Herr Trinks. Ich stimme Ihnen zu, dass es sicherlich viele tausend Verbraucher gibt, denen die geplante Neuregelung helfen wird.

      Ich befürchte nur vollkommen ungewollte und ungeahnte Seiteneffekte – ähnlich wie bei der DSGVO -, die plötzlich Unternehmen und Institutionen treffen wird, die heute „im Traum“ nicht daran denken. Beispiele: Zoos, Opernhäuser, Konzerthäuser, Schwimmbäder, Theater. Alle verfügen über Jahreskarten, die sich verlängern, wenn sie nicht gekündigt werden. Zumeist übrigens im Interesse der Kunden selbst.

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