Grunderwerbsteuer beim quotenwahrenden Formwechsel?

Die Grunderwerbsteuer gehört zugegebenermaßen nicht unbedingt zu den beliebtesten oder meist beachteten Steuerarten. Bekannt ist, dass die Übertragung eines Grundstücks in aller Regel der Grunderwerbsteuer unterliegt. Entsprechendes gilt, wenn Unternehmen übertragen werden oder – bei Erreichen bestimmter Grenzen – sich die Anteilsverhältnisse schädlich verändern.

Will man die Gesellschaftsform eines Unternehmens ändern, bietet sich zumindest aus grunderwerbsteuerlicher Sicht ein Formwechsel an. Beim Formwechsel bleibt die zivilrechtliche Identität erhalten und es kommt zu keinem Vermögensübergang, der Anknüpfungspunkt für die Grunderwerbsteuer sein könnte. Aber ist das immer so?

Beispiel

Die Gesellschafter A und B sind seit Gründung zu 96% bzw. 4% an der grundbesitzenden X-oHG beteiligt. Sie beschließen, die X-oHG in eine GmbH umzuwandeln und entscheiden sich für einen Formwechsel. Die Beteiligungsverhältnisse ändern sich nicht.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 GrEStG unterliegt auch die Vereinigung von mindestens 95% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft der Grunderwerbsteuer. Da sich im Rahmen des Formwechsels die Beteiligungsverhältnisse jedoch nicht geändert haben (quotenwahrender Formwechsel) könnte man zu der Auffassung gelangen, dass eine Anteilsvereinigung nicht stattfinden kann.

Allerdings besteuert § 1 Abs. 3 GrEStG nicht den Anteilserwerb als solchen, sondern die durch ihn begründete grunderwerbsteuerrechtlich eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke. Erfasst werden soll die Sachherrschaft bezüglich der Grundstücke, die durch das Innehaben der Gesellschaftsanteile vermittelt wird. Der Inhaber der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft wird demnach so behandelt. als gehörtem ihm zufolge der Vereinigung dieser Anteile in seiner Hand die im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Grundstücke.

Es ist daher nicht auszuschließen, dass im Beispielsfall zumindest der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr.2 GrEStG ausgelöst wird. Hintergrund ist das grunderwerbsteuerlich unterschiedliche Verständnis von Anteilen an Personen- und Kapitalgesellschaften bei § 1 Abs. 3 GrEStG. Bei Anteilen an Personengesellschaften wird auf die gesamthänderische Mitberechtigung abgestellt, bei Kapitalgesellschaft hingegen auf die Vermögensbeteiligung als solche.

Während damit aus Sicht des § 1 Abs. 3 GrEStG bei der oHG zuvor keine Anteilsvereinigung vorlag („Kopf-Betrachtung“, d.h. 50:50), verfügt Gesellschafter A nach dem Formwechsel über 96% der Anteile an der GmbH. Das könnte eine Anteilsvereinigung darstellen und Grunderwerbsteuer auslösen.

Soweit bekannt, behandelt die Finanzverwaltung quotenwahrende Formwechsel als nicht steuerbaren Vorgang. Lediglich in Fällen, in denen es zu einer Anteilsverschiebung kommt, sind die steuerbaren Tatbestände weiter zu prüfen.

Ob man sich auf diese wohlwollende Handhabung jedoch verlassen kann bzw. will, bleibt offen. Wie es vor Gericht ausgeht, weiß man bekanntlich nie. Allerdings hat das FG Münster (Urteil vom 16.02.2006 – 8 K 1785/03 GrE, EFG 2006, 1034) schon angedeutet, dass der Gedanke der Grunderwerbsteuer nicht fern liegt.

Weitere Informationen:

FG Münster  v.  16.02.2006  – 8 K 1785/03 GrE


Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:

2 Gedanken zu “Grunderwerbsteuer beim quotenwahrenden Formwechsel?

  1. Variante: Doppelstöckige Personengesellschaft, X ist zu 100% an der M-GmbH & Co. KG beteiligt, diese wiederum zu 100% an der T-GmbH & Co. KG. Die T-GmbH & Co. KG überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf die M-GmbH & Co. KG. Im Jahr 04 unterzieht die M-GmbH & Co. KG sich einem Formwechsel (künftig: M-GmbH). Grunderwerbsteuer? Verletzung der Sperrfrist nach § 6 Abs. 3 GrEStG?

  2. Den Formwechsel einer „Ein-Mann-GmbH & Co. KG“ in eine GmbH könnte man nach meiner Meinung ebenfalls unter die Ausführungen des Blog-Beitrags packen. Soweit bekannt, ist der Fall noch nicht höchstrichterlich entschieden, wobei durchaus Gründe gegen eine Steuerbarkeit bestehen. Hinsichtlich der Sperrfrist könnte man nach meiner Auffassung das BFH-Urteil II R 17/12 vom 25.09.2013, BStBl. 2014 II S. 268 ggf. heranziehen.

    Viele Grüße
    Lutz Ritter

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