IAB für Wohnmobil: Ohne Fahrtenbuch droht Rückgängigmachung

Wer einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) oder Sonderabschreibungen nach § 7g EStG geltend machen will, muss das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im Folgejahr zu mindestens 90 Prozent betrieblich nutzen. Für die geplante Anschaffung eines Pkw bedeutet das eine hohe Hürde. Die Finanzämter verlangen nämlich, dass eine mindestens 90-prozentige Nutzung nachgewiesen wird, und zwar üblicherweise durch Führung eines Fahrtenbuchs. Dadurch ist es nahezu unmöglich, den IAB für einen Firmenwagen zu bilden – genauer gesagt zu „behalten“-, für den zunächst die Ein-Prozent-Regelung angewandt werden soll.

Im vergangenen Jahr hat das FG Münster diesbezüglich entschieden, dass die für Zwecke des IAB erforderliche fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Pkw grundsätzlich durch ein Fahrtenbuch nachzuweisen ist. Nachträglich erstellte Unterlagen können dies nicht ersetzen – sie sind im Prinzip irrelevant (Urteil vom 20.7.2019, 7 K 2862/17 E).

Nun hat das FG Münster „nachgelegt“……und auch für den Fall der betrieblichen Nutzung eines Wohnmobils entschieden, dass die „fast ausschließliche betriebliche Nutzung“ zur Bildung des IAB letztlich nur durch ein Fahrtenbuch nachgewiesen werden kann – und zwar durch ein ordnungsgemäß geführtes (Urteil vom 18.2.2020, 6 K 46/17 E, G).

Der Sachverhalt:

Im Betriebsvermögen des Klägers befand sich neben anderen betrieblich genutzten Fahrzeugen ein Wohnmobil, das der Kläger für Fahrten zu seinen Kunden nutzte, um bei Stillständen in den Produktionsanlagen der Kunden schnell vor Ort sein zu können und um kostenintensive Hotelaufenthalte zu vermeiden. Der Einsatz des Wohnmobils eröffnete ihm die Möglichkeit, teilweise auf den Betriebsgeländen der Kunden zu übernachten und unabhängig von Rezeptionszeiten der Hotels sehr früh bei den Kunden vor Ort zu sein. Seit 2013 ordnete der Kläger das für einen Preis von 132.000 EUR brutto neu erworbene Wohnmobil seinem Betriebsvermögen zu.

Für das Wohnmobil machte der Kläger im Jahr 2011 außerbilanziell einen IAB in Höhe von 30.000 EUR gewinnmindernd geltend. Im Jahr 2013 wurde der IAB durch Auflösung dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Bei Anschaffung des neuen Wohnmobils nahm der Kläger im Jahr 2013 gemäß § 7g Abs. 5 EStG eine gewinnwirksame Kürzung der Anschaffungskosten in Höhe von 30.000 EUR sowie eine Sonderabschreibung vor.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung nach der Ein-Prozent-Regelung zu bewerten sei. Es seien zwar digitale Fahrtenbücher geführt worden; diese seien aber aufgrund formeller und inhaltlicher Mängel zu verwerfen. Darüber hinaus vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass im Falle der Bewertung einer privaten Pkw-Nutzung anhand der Ein-Prozent-Regel die für den IAB erforderliche „fast ausschließlich betriebliche Nutzung” nicht angenommen werden könne, so dass die insoweit seitens des Klägers vorgenommenen Gewinnminderungen bzw. -Erhöhungen in den Jahren 2011 und 2013 sowie die weiteren Abschreibungen rückgängig zu machen seien. Für ein Wohnmobil gelte insoweit keine andere Handhabung.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG weist zwar darauf hin, dass es im vorliegenden dahinstehen könne, welche grundsätzlichen Anforderungen an den Nachweis der fast ausschließlich betrieblichen Nutzung zu stellen sind. Dafür war die „Beweisführung“ des Steuerpflichtigen offenbar zu mangelhaft. Jedoch lässt die weitere Urteilsbegründung darauf schließen, dass „am Ende des Tages“ nur ein – ordnungsgemäßes – Fahrtenbuch den IAB rechtfertigen kann. Das Urteil zeigt im Übrigen sehr anschaulich auf, dass digitale geführte Fahrtenbücher kein Allheilmittel sind, sondern den handschriftlich geführten Fahrtenbüchern mindestens ebenbürtig sein müssen. Hier ein Auszug aus der Begründung:

„Dabei führen die Tatsachen, dass die vom Kläger selbst erstellten Aufzeichnungen vielfach in Bleistift, im Großteil rudimentär und – soweit es die Übertragung in das Computerprogramm betrifft – mit erheblicher zeitlicher Verzögerung erstellt worden sind, zur Überzeugung des Senats zu einem erheblichen Fehlerpotential hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen. Ferner waren die handschriftlichen Grundaufzeichnungen des Klägers, welche dieser den Eintragungen in das Computerprogramm (X-Programm) zugrunde gelegt hat, dermaßen rudimentär, dass hieraus keine verlässlichen Erkenntnisse für die umfänglich in das Programm einzutragenden Daten und Werte bieten konnten. Der Senat sieht in dieser Verfahrensweise keine Gewähr dafür, dass eine zutreffende Abgrenzung von betrieblichen und privaten Fahrten möglich ist. Zudem wurden unstreitig mehrere Privatfahrten nicht ausgewiesen. Gleiches gilt für einige Werkstattaufenthalte. Diesbezügliche Unklarheiten konnte der Kläger nicht beseitigen. Darüber hinaus blieb auch die Behauptung des Klägers, dass dieser bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Entfernungen bei identischen Fahrtzielen die jeweils aktuell verkehrsgünstigste Strecke, insgesamt aber eine längere Strecke gefahren sei, aufgrund der mangelhaften Aufzeichnungen für den Senat nicht überprüfbar.“

 Weitere Informationen:
FG Münster, Urteil v. 18.02.2020 – 6 K 46/17 E, G

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