In dubio pro reo: Keine Schätzung (angeblicher) ausländischer Kapitaleinkünfte

Wenn das Finanzamt Hinweise auf nicht versteuerte ausländische Kapitalerträge hat, jedoch die Höhe dieser nicht ermitteln kann, wird geschätzt. Dies ist nichts Außergewöhnliches. Allerdings muss das Finanzamt dann auch schon die Auslandseinkünfte plausibel begründen können. Allein Indizien auf ausländische Einkünfte reichen nicht aus, wie ein rechtskräftiges Urteil aus Berlin-Brandenburg klarstellt. 

Im Urteilssachverhalt ging der Fiskus davon aus, dass ein Steuerpflichtiger ein Depot in Lichtenstein unterhielt und daraus Kapitalerträge generierte. Dabei berief sich das Finanzamt auf einen einzigen Beleg der zu einem Stichtag den vermeintlichen Depotwert des Steuerpflichtigen in Lichtenstein auswies. Der Steuerpflichtige selber bestritt hingegen die Existenz eines solchen Depots vehement.

Tatsächlich wies dieser Beleg auch Merkwürdigkeiten auf. So waren sämtliche Zahlen ohne Nachkommastellen aufgeführt, was für einen echten Depotauszug äußerst ungewöhnlich ist. Zudem waren die aufgeführten Daten nicht nachvollziehbar und auch bei der Anschrift des Steuerpflichtigen waren Fehler oder fehlende Eintragungen zu erkennen. Dennoch schätzte das Finanzamt auf Basis dieses einen Belegs die Kapitalerträge.

Zu Unrecht wie das FG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 20.04.2016 (Az: 14 K 14207/15) urteilte. Aufgrund der allgemeingütigen Aussagen in der Entscheidung hat diese durchaus auch für andere Fälle Bedeutung, bei denen ausländischer Einkünfte seitens der Finanzbehörde geschätzt werden.

So wird klargestellt, dass die Finanzbehörden für die Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestände der Einnahmeerzielung die objektive Beweis- und Feststellungslast tragen. Daran ändert auch die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 2 AO nichts. Ganz konkret führen die Richter dabei auch aus, dass auch bei einem Auslandsbezug die Feststellungslast nicht umgekehrt werden kann. Warum dies so ist, erläutern sie glasklar: Eine Umkehrung der Beweislast hätte nämlich zur Folge, dass der Steuerpflichtige das Nichtvorhandensein einer ausländischen Kapitalanlage beweisen müsste. Ein solcher Negativnachweis ist aber nicht möglich, weshalb auch keine Mitwirkungspflicht gemäß § 90 AO besteht.

Nur aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen darf eine Schätzung der ausländischen Kapitalerträge nicht stattfinden. Mit anderen Worten: Es muss zwar nicht die Höhe der Kapitalerträge bekannt sein, aber es muss hinreichend sicher sein, dass tatsächlich welche vorliegen. Indizien alleine reichen nicht! Auch im Besteuerungsverfahren gilt: In dubio pro reo!

Weitere Informationen:

FG Berlin-Brandenburg v. 20.04.2016 – 14 K 14207/15

 

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