Inflationsausgleichsprämie – gut gemeint, schlecht umgesetzt

Warum Diskussionen mit dem Abschlussprüfer vorprogrammiert sind

Nicht nur an der Tankstelle, auch im Supermarkt zeigt sich: Die Inflationsrate in Deutschland war im letzten Jahr ungefähr viermal so hoch wie das gesteckte Ziel der EZB. Bei einer Teuerung von knapp 8 % im Durchschnitt hat die Bevölkerung eine deutlich geringere Kaufkraft.

Der Staat eilte zur Stelle und schuf die Inflationsausgleichsprämie. Steuer- und sozialabgabenfrei. Damit sollen die Preissteigerungen für 2023 und 2024 ausgeglichen werden. Nun ja, das ist an ein paar Voraussetzungen geknüpft. Für die Erstellung des Jahresabschlusses bedeutet die Prämie aber vor allem eines: Viel Verwaltungskram, denn es stellt sich die Frage, ob diese als Aufwand gebucht oder eine Rückstellung gebildet werden muss. Davon abgesehen sind Diskussionen mit den Wirtschaftsprüfern vorprogrammiert, denn diese müssen sich einen Überblick über den Dschungel der umgesetzten Regelungen machen. Aber gut. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

Aufwand oder Rückstellung – worauf es ankommt

Zunächst stellt sich die Frage, ob das Unternehmen dem Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie unterliegt. Dieser sieht einen Anspruch für die Arbeitnehmer auf zwei Inflationsausgleichsprämien vor, bei dem für die Ermittlung der Höhe für den jeweiligen Arbeitnehmer das Bestehen des Arbeitsverhältnisses an den relevanten Stichtagen entscheidend ist.

Den Zeitpunkt der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie können Unternehmen in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung regeln. Sofern es keine Betriebsvereinbarung gibt, gelten der 1. März 2023 und der 1. März 2024 als Auszahlungstag. Die Zahlungen dürfen jedoch auch früher geleistet werden.

Die folgenden Erläuterungen gelten für Unternehmen, deren Bilanzstichtag am 31. Dezember 2023 ist. Die rechtliche Entstehung ist in diesem Fall erst nach dem Bilanzstichtag, da die Auszahlung am 1. März 2023 erfolgen soll. Doch dafür muss der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Monate im Unternehmen beschäftigt sein und in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Also keine Rückstellungsbildung für den Jahresabschluss 2022? So einfach ist es leider nicht.

Denn nach HGB müssen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden, auch wenn diese am Bilanzstichtag zwar noch nicht rechtlich entstanden sind, die Verpflichtung nach dem Bilanzstichtag aber wahrscheinlich entstehen wird. Diese Voraussetzung ist bei der Inflationsausgleichsprämie erfüllt. Ok, Abschläge für die Fluktuation müssen noch erfolgen. Aber es soll ja auch nicht zu einfach sein.

Durch die sechsmonatige Beschäftigungsdauer am 1. März 2023 ist die wirtschaftliche Verursachung somit am 31. Dezember 2022 zu zwei Dritteln bereits erfüllt: Denn vier Monate der Beschäftigung fallen in das Jahr 2022, zwei Monate ins Jahr 2023. Und was bedeutet das? Zwei Drittel der Inflationsausgleichsprämie, die am 1. März 2023 ausbezahlt werden sollen, müssen im Jahresabschluss 2022 als Rückstellung gebildet werden. Das restliche Drittel verbleibt als Aufwand im Jahr 2023.

Und wenn das Unternehmen eine freiwillige Betriebsvereinbarung hat, in der sich dies etwas anders gestaltet? Dann muss dies natürlich im Einzelfall geprüft werden, denn schließlich sollen die Arbeitnehmer unterstützt und nicht der Arbeitgeber entlastet werden.

Und wenn das Unternehmen dem Tarifvertrag der Chemie unterliegt? Das muss separat geprüft werden. Wäre ja auch zu schön, wenn es für alle gleich wäre. Das könnte die Unternehmen bei der korrekten Umsetzung entlasten.

Diskussionen mit dem Abschlussprüfer unvermeidbar?

Leider muss man sagen: Gute Idee, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer mit der Inflationsausgleichsprämie unterstützen können. Und das unter bestimmten Voraussetzungen steuer- und sozialabgabenfrei. Doch leider ist die Umsetzung aus Sicht der Unternehmen weniger erfreulich.

Die korrekte Erfassung des Anspruches der Arbeitnehmer bedeutet für die Buchhaltung der Unternehmen vor allem viel Zusatzarbeit neben den ohnehin anfallenden Aufgaben. Da es auf den Einzelfall ankommt, ob die Prämie als Aufwand erfasst oder eine Rückstellung gebildet werden muss, kann eine allgemeingültige Anweisung zur korrekten bilanziellen Erfassung nicht eingesetzt werden. Und das bedeutet: Mehr Arbeitsaufwand.

Nehmen wir einmal an, ein Unternehmen hat dies alles sauber dokumentiert und entsprechend in der Buchhaltung erfasst. Dann heißt dies im nächsten Schritt: Der Abschlussprüfer wird hier sicherlich genau hinschauen. Denn schließlich steht sein Berufsstand seit dem Zusammenbruch Wirecards massiv in der Kritik. Fehler bei der Abschlussprüfung müssen daher unbedingt vermieden werden. Zudem kommt es ja auch darauf an, welchem Tarifvertrag das Unternehmen unterliegt und ob eine freiwillige Betriebsvereinbarung abgeschlossen wurde.

Fazit:

In der Summe vermag es darum gehen, in welchem Jahr die Unternehmen den Aufwand der Inflationsausgleichsprämie erfassen. Doch anstatt die Umsetzung einfach zu gestalten, müssen sich die Abschlussersteller mit viel Papierkram herumärgern. Und die Zeit fehlt für anderes. Ganz abgesehen davon fressen auch zusätzliche Diskussionen mit den Abschlussprüfern weitere Ressourcen, von denen das Unternehmen in den seltensten Fällen zu viel hat.

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