Kapitalmaßnahmen von Hewlett-Packard, eBay und Vodafone: Urteilsserie des BFH

„Kaufe am Ort“, so lautet das Credo vieler Fachhändler und ihrer Kunden. Übertragen auf Anleger könnte es lauten „Kauft Aktien deutscher Kapitalgesellschaften“. Wahrscheinlich haben sich dies Anleger von Hewlett-Packard, eBay und Vodafone auch gedacht, nachdem sie sich zunächst mit diversen Kapitalmaßnahmen der Konzerne und im Anschluss mit steuerlichen Problemen konfrontiert sahen. Während diese in Sachen „Hewlett-Packard“ und „eBay“ nach einer Urteilsserie des BFH nun offenbar ausgeräumt sind, geht die Sache „Vodafone“ in die nächste Runde, möglicherweise sogar bis vor den EuGH.

Worum geht es? Ich möchte die Fälle hier nur in aller Kürze vorstellen. Zunächst zu den Fällen „Hewlett-Packard“ und „eBay“:

Die jeweiligen Kläger hielten Aktien der Hewlett-Packard-Company (HPC), einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft. Nachdem die HPC in Hewlett-Packard Inc. (HPI) umbenannt und das Unternehmenskundengeschäft der HPI auf ihre Tochtergesellschaft Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE) übertragen worden war, erhielten die Aktionäre im Rahmen eines Spin-Offs Aktien der HPE. Das Finanzamt behandelte die Aktienzuteilung als steuerpflichtigen Kapitalertrag.

Der BFH sieht dies anders: Eine steuerneutrale Zuteilung von Aktien sei auch bei einem US-amerikanischen Spin-Off möglich (§ 20 Abs. 4a Satz 7 EStG). Voraussetzung sei, dass die wesentlichen Strukturmerkmale einer Abspaltung nach den Regeln des Umwandlungsgesetzes erfüllt seien. Die Kapitalverkehrsfreiheit gebiete eine Erstreckung der Steuerneutralität auf ausländische Vorgänge. Rechtsfolge sei, dass die Einbuchung der aufgrund des Spin-Offs erhaltenen Aktien im Depot des Klägers nicht zu einem steuerpflichtigen Kapitalertrag führe. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der Aktien der HPE bzw. HPI seien etwaige Veräußerungsgewinne zu versteuern (BFH-Urteile vom 1.7.2021, VIII R 9/19, VIII R 28/19, VIII R 6/20, VIII R 19/20, VIII R 27/20).

Der Fall eBay lag ganz ähnlich. Durch die Unternehmens-Ausgliederung des eBay-Bezahlsystems PayPal in 2015 erhielten die Aktionäre für jede eBay-Aktie eine PayPal-Aktie. So wurden auch dem Depot des Klägers in 2015 Paypal-Aktien zu einem Kurs von 36 Euro je Aktie gutgeschrieben. Das Finanzamt behandelte die Gutschrift als steuerpflichtige Sachausschüttung. Auch hier ist der BFH anderer Auffassung. Die Begründung ist fast identisch mit der oben genannten (BFH-Urteil vom 1.7.2021, VIII R 15/20).

Ganz anders aber der Fall Vodafone, bei dem der zugrundeliegende Sachverhalt schon Schwindel erregt. Daher hier nur in aller Kürze und vereinfacht. Bei den beiden Klägern kam es u.a. zu folgenden Vorgängen: Sie erhielten aufgrund des Verkaufsvorgangs einer Vodafone-Tochtergesellschaft Aktien der Verizon Communications Inc. zugeteilt, die auf ihren Depots eingebucht wurden. Die Depotbank behielt dafür Kapitalertragsteuer ein. Darüber hinaus wurden die Vodafone-Aktien im Verhältnis 11 zu 6 zusammengelegt. Nun kam es zu einigem Hin und Her bei der steuerlichen Beurteilung, das nun selbst der BFH noch nicht in aller Gänze aufgelöst hat.

Seine Kernaussagen lauten: Die Zuteilung der Verizon-Aktien führt zu Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, also zu einer steuerpflichtigen Sachausschüttung. Zwar verfügt das Einkommensteuergesetz in bestimmten Fällen, dass der Ertrag und die Anschaffungskosten von Anteilen, die einem Anleger zugeteilt werden, ohne dass dieser eine gesonderte Gegenleistung zu entrichten hat, mit 0 Euro angesetzt werden. Hier liegen die entsprechenden Voraussetzungen aber nicht vor. Es wird für die Anwendung der 0-Euro-Regelung nämlich verlangt, dass die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist. Im Streitfall war die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags wegen des Börsenkurses der zugeteilten Verizon-Aktien jedoch ohne weiteres möglich. Zwar wurde das EStG in dem entsprechenden Punkt mittlerweile geändert (§ 20 Abs. 4a Satz 5 EStG), allerdings erst mit Wirkung ab 2021. Die Anleger mussten also die damals noch geltende Fassung des Gesetzes gegen sich wirken lassen (BFH-Urteile vom 4.5.2021, VIII R 17/18, VIII R 14/20).

Doch beendet ist die Sache damit noch lange nicht. Es ist nämlich denkbar, dass mit der Kapitalmaßnahme eine nichtsteuerbare Einlagenrückgewähr verbunden war. Dies ist bislang gar nicht geprüft worden. Von daher wurde sie Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Wenn eine Einlagenrückgewähr anzunehmen ist, würde die Sache wohl sogar bis zum EuGH gehen, da sich der BFH nicht imstande sieht, über eine Frage von solcher Tragweite zu entscheiden. Das Thema wird die Gerichte und natürlich die Vodafone-Aktionäre also vielleicht noch über Jahre beschäftigen.

Hätten die Anleger das alles vorher gewusst, hätten sie wohl doch zu deutschen Aktien gegriffen und dabei hoffentlich Wirecard links liegen gelassen.

Übrigens, nur am Rande: In ähnlich gelagerten Fällen sollten sich Anleger nicht wundern, wenn die Depotbaken trotz entgegenstehender BFH-Urteile Kapitalertragsteuer einbehalten. Sie sind an die Handhabung der Finanzverwaltung gebunden, bis diese die Urteile offiziell „akzeptiert“, das heißt allgemein anwendet. Von daher sollten entsprechende Sachverhalte in die Steuerveranlagung einbezogen werden.

Weitere Informationen:
NWB Online-Nachricht: Einkommensteuer | Zuteilung von Aktien im Rahmen eines Spin Off (FG)


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