Kassengesetz – worauf Gewerbetreibende jetzt bei elektronischen Kassen achten sollten

Das seit 1.1.2020 geltende, allerdings bereits 2016 beschlossene sog. Kassengesetz (BGBl 2016 I S. 3152) wird in der öffentlichen Wahrnehmung häufig auf die Folgen der Belegeausgabepflicht (Kassenbonpflicht) reduziert.

Für Unternehmen wird allerdings inzwischen die erforderliche Aufrüstung von elektronischen Kassen(systemen) mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) dringlich. Worauf müssen Gewerbetreibende jetzt schnellstens achten?

Hintergrund

Der Staat verliert Jahr für Jahr hohe Steuereinnahmen von mindestens 10 Mrd. Euro, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, manipulierter Software oder auch fingierten Rechnungen gar nicht oder jedenfalls falsch erfassen. Das gilt vor allem in Wirtschaftszweigen mit hohem Bargeldanteil, etwa im Handel, im Lebensmittelhandwerk oder in der Gastronomie. Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an   digitalen Grundaufzeichnungen (Kassenmanipulationsschutzgesetz) wurden ab 1.1.2020 neben einer grundsätzlichen  Belegausgabepflicht für elektronische Kassensysteme neue technische Sicherheitseinrichtungen eingeführt (§ 146a Abs. 2 S.1 AO; § 6 Abs. 3 KassenSichV). Das Gesetz hat diesbezüglich folgende Schwerpunkte (BT-Drs. 18/10667 vom 14.12.2016):

  • Technische Sicherheitseinrichtung in einem elektronischen Aufzeichnungssystem:
    Elektronische Aufzeichnungssysteme sind durch eine technische Sicherheitseinrichtung (tSE) zu schützen. Die elektronischen Grundaufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht, geordnet und unveränderbar aufzuzeichnen (Einzelaufzeichnungspflicht) und müssen auf einem Speichermedium gesichert und verfügbar gehalten werden.
  • Einführung einer Kassen-Nachschau:
    Ergänzend zu den bereits vorhandenen Instrumenten der Steuerkontrolle soll als neues Instrument eine Kassen-Nachschau eingeführt werden. Die Kassen-Nachschau ist keine Außenprüfung im Sinne des § 193 AO, sondern ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte unter anderem im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme.
  • Einführung einer Belegpflicht:
    Erstmals wird durch § 146a AO eine Belegpflicht eingeführt. Der Steuerpflichtige muss dem Kunden einen Kassenbon mit näher spezifizierten Angaben aushändigen, die sich im Einzelnen aus § 6 Abs. 3 KassensicherungsVO ergeben; Ausnahmen regelt ein Anwendungserlass des BMF (BStBl 2019 I 518 ff.).
  • Sanktionierung von Verstößen:
    Zur Sanktionierung von Verstößen wird der Steuergefährdungstatbestand des § 379 Abs. 1 AO ergänzt. Dies ist notwendig, um den neuen gesetzlichen Verpflichtungen des § 146a AO Rechnung zu tragen. Darüber hinaus können die Ordnungswidrigkeiten des § 379 Abs. 1 S.1 Nr. 3 bis 6 AO mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € geahndet werden.

Übergangsfristen bei der Einführung von TSE-Kassen laufen ab

Viele Betriebe haben noch vor Ende 2016 neue Kassen angeschafft. Hintergrund war der seinerzeitige Ablauf der Nichtbeanstandungsfrist aus der früheren Kassenrichtlinie (BMF-Schreiben vom 26.11.2010, BStBl 2010 I 2010 S. 1342). Seit 2017 dürfen nämlich grundsätzlich nur noch elektronische Registrierkassen verwendet werden, die eine komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten ermöglichen. Alte Registrierkassen aber, die nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft wurden, dürfen noch bis 31.12.2022 verwendet werden, wenn die Kasse zwar den aktuellen Anforderungen entspricht, bauartbedingt aber nicht mit einer zertifizierten TSE_Sicherheitseinrichtung aufrüstbar ist.

Die erforderlichen Zertifizierungsverfahren waren kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgeschlossen, die ersten TSE-Produkte wurden erst im Dezember 2019 zertifiziert. Deshalb hat BMF im November 2019 eine (neue) „Nichtbeanstandungsregelung“ erlassen (BMF-Schreiben vom 6.11.2019 – IV A 4 – S 0319/19/10002:001, BStBl 2019 I S. 1010).

Das bedeutet: Bis zum 30.9.2020 wird es durch die Finanzämter nicht beanstandet, wenn die Kassen nicht mit einer TSE nachgerüstet sind. Danach droht aber eine unverzügliche Überprüfung der Kassensysteme durch die Finanzverwaltung.

Was die Wirtschaftsverbände jetzt empfehlen

Die zusätzliche Frist sollten betroffene Unternehmen aber keinesfalls dazu nutzen, um die erforderlichen Nachrüstungen oder Neuanschaffungen von Kassensystemen auf die lange Bank zu schieben. Denn auf eine weitere Verlängerung der „Nichtbeanstandungsregelung“ über den 30.9.2020 hinaus sollte kein Unternehmen mehr hoffen. Nachdem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) für Hardware- basierte TSE-Lösungen mehreren Anbieter die notwendigen Zertifikate erteilt hat, sind erforderliche Aufrüstungen und neue Kassensysteme nunmehr am Markt verfügbar. Die Wirtschaftsverbände raten deshalb den betroffenen Gewerbetreibenden jetzt Folgendes:

  • Bei Gewerbetreibenden, die nur eine oder wenige Kassen einsetzen, kommt eine „Einfach-TSE“ in Betracht, in der Regel ein Speichermedium mit eingebautem Sicherheitschip.
  • Wenn Daten einer größeren Anzahl von Kassen gesichert werden müssen, kommt eine Datensicherung mit Hilfe einer „Mehrplatz-TSE“ entweder durch die Einbindung eines Servers oder einer Cloud in Betracht. Im Fall einer Cloud-basierten TSE-Lösung werden die erforderlichen Zertifizierungsverfahren nach Einschätzung der Verbände allerdings erst im 2. Quartal 2020 abgeschlossen sein.
  • Je näher der 30.9.2020 rückt, desto höher dürfte die Wahrscheinlichkeit sein, dass Lieferengpässe eintreten. Die Unternehmen sollten also rechtzeitig handeln, Investitionen also nicht auf die lange Bank schieben.
  • Auch der personelle technische Support der Kassenhersteller, die für eine Umsetzung vor Ort in die Unternehmen sorgen, ist natürlich begrenzt. Das sollten Unternehmen bedenken und einen großzügigen Vorlauf in ihrer Planung berücksichtigen.

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