Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird unter Anderem berücksichtigt, wenn es noch nicht das vom 20. Lebensjahr vollendet hat und eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann. Streitbefangenen ist jedoch, ob ein Kindergeldanspruch aufgrund dieser Regelung auch besteht, wenn das Kind wegen einer Krankheit eine Ausbildung nicht beginnen kann.
Dazu die positive und nachvollziehbare Entscheidung des FG Hamburg vom 31.7.2018
(Az: 6 K 192/17): Ist ein Kind ausbildungswillig, aber zeitweise wegen einer Erkrankung nicht in der Lage, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb zu berücksichtigen ist. Entgegen der Dienstanweisung der Familienkassen ist es nicht erforderlich, dass eine Erklärung des Kindes, aus der sich ergibt, dass das Kind plant, sich nach seiner Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn zu bewerben, bereits vorab vorgelegt wird. Die Ausbildungswilligkeit ist eine Tatsache, die vom Gericht zu beurteilen ist. Es ist nicht schädlich, dass das voraussichtliche Ende der Erkrankung zunächst vom Arzt nicht mitgeteilt wurde. Eine solche Erklärung ist gerade bei psychischen Erkrankungen oft nicht möglich. Dies kann nicht zu Lasten des Kindergeldberechtigten gehen. Auch Erkrankungen, die länger als sechs Monate dauern, führen nicht zwangsläufig zur einer Versagung der Kindergeldberechtigung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG.
Offensichtlich scheint die Finanzverwaltung diese menschlichen Überlegungen nicht nachvollziehen zu können, denn sie lässt nun den BFH (Az: III R 49/18) überprüfen, ob tatsächlich ein Kindergeldanspruch besteht, wenn das Kind seiner Ausbildung wegen einer langwierigen Erkrankung nicht beginnen kann. Betroffenen kann daher nur der Einspruch empfohlen werden. Es bleibt also zu hoffen, dass die obersten Finanzrichter der Republik eine ähnlich menschliche Auffassung wie die Richter des FG Hamburgs haben.
Weitere Informationen:
- Finanzgericht Hamburg v. 31.07.2018 – 6 K 192/17
- Verfahrensverlauf | BFH – III R 49/18 – anhängig seit 17.01.2019