Für Kinder, die den Freiwilligen Wehrdienst leisten, haben die Eltern eigentlich keinen Anspruch auf Kindergeld. „Eigentlich“, denn soeben hat der BFH entschieden – beziehungsweise bestätigt -, dass während der Zeit des Freiwilligen Wehrdienstes ein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das Kind einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllt: Es wird eine Berufsausbildung ausgeübt (§ 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG); es handelt sich um eine Übergangszeit vor und nach dem freiwilligen Wehrdienst (§ 32 Abs. 4 Nr. 2b EStG); das Kind wartet auf einen Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG). Dabei ist es unschädlich, wenn das Kind nach Abschluss der Grundausbildung im Rahmen des Freiwilligen Wehrdienstes Dienst in einem Mannschaftsdienstgrad ausübt (BFH-Urteil vom 20.2.2025, III R 43/22).
Der Sachverhalt:
Der Sohn absolvierte nach seinem Abitur einen zehn Monate dauernden Freiwilligen Wehrdienst. Die Familienkasse bewilligte für die Übergangszeit zwischen Abitur und Grundausbildung sowie für die Zeit der Grundausbildung Kindergeld. Nach der Beendigung der Grundausbildung verrichtete der Sohn Dienst in einem Mannschaftsdienstgrad; eine weitere Ausbildung bei der Bundeswehr fand nicht statt. Nach dem Ende des Freiwilligen Wehrdienstes studierte der Sohn an einer zivilen Hochschule. Den Entschluss dazu hatte er während des Freiwilligen Wehrdienstes gefasst. Die Familienkasse versagte für die Zeit nach Beendigung der Grundausbildung bis zum Beginn des Studiums die Festsetzung von Kindergeld. Doch der BFH ist – von einem Monat abgesehen (siehe dazu den Denkanstoß) – anderer Auffassung.
Die Begründung:
Auch nach dem Ende der Grundausbildung und trotz einer Erwerbstätigkeit des Kindes als Soldat mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden kann ein Kindergeldanspruch bestehen. Dies gilt unter anderem dann, wenn das Kind eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG).
An einem Ausbildungsplatz mangelt es, wenn ein solcher in dem Zeitpunkt, in dem sich das Kind zu einer Ausbildung entschlossen hat, nicht zur Verfügung steht oder bereits zugesagt wurde, aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen in dem fraglichen Monat noch nicht angetreten werden kann. So verhält es sich im Streitfall, denn der Sohn hat sich um einen Studienplatz bemüht, konnte das Studium aber noch nicht beginnen.
Die drei Monate dauernde Grundausbildung ist zwar Teil einer Ausbildung zum Offizier oder Unteroffizier. Ihre Beendigung führt jedoch nicht zu einem für den weiteren Kindergeldbezug gegebenenfalls schädlichen Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
Denkanstoß:
Die Nachweise für die Ausbildungswilligkeit des Kindes und für sein ernsthaftes Bemühen, einen Ausbildungsplatz zu finden, hat der Kindergeldberechtigte beizubringen; über 18 Jahre alte Kinder haben mitzuwirken. Im Urteilsfall wurde dem Kläger der Kindergeldanspruch für einen Monat versagt, weil sich der Entschluss des Sohnes, sich um einen Studienplatz zu bemühen, erst im Folgemonat objektiviert hatte. Der bloße Vortrag des Kindergeldberechtigten und des Kindes, der Entschluss zu einer Ausbildung oder zu einem Studium sei früher gefasst worden, ist für die Begründung des Anspruchs nicht ausreichend – so der BFH. Insofern heißt es: Beweisvorsorge treffen!
Ein Beitrag von:
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- Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
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- Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe
Warum blogge ich hier?
Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.