Kosten für Steuerberaterlehrgang übernommen – Arbeitnehmer weg

Heute etwas aus der Rubrik „Vertrauen ist gut, Vertrag ist besser.“ Es geht um eine Steuerberaterkanzlei, die einer Mitarbeiterin den teuren Steuerberaterlehrgang bezahlt hat, jene aber anschließend die Kanzlei verlassen hat, ohne die Lehrgansgebühren an den Ex-Arbeitgeber zurückzuzahlen. Wir können natürlich nur raten, was der Grund für dies Haltung war. Hat sich die Steuerkanzlei falsch verhalten? Konnte die Mitarbeiterin woanders mehr verdienen?

Jedenfalls hat sie vor dem LAG Schleswig-Holstein einen Sieg errungen und muss die Kosten nicht erstatten, da eine eventuelle Rückzahlungsvereinbarung – wenn überhaupt – nur mündlich zustande gekommen und mangels Transparenz unwirksam sei (Urteil vom 21.8.2019, 3 Sa 67/19).

Der hier etwas verkürzte Sachverhalt: Die Kläger sind Partner einer Steuerberatungskanzlei. Die Beklagte war rund neun Jahre in der Kanzlei tätig. Während des Beschäftigungsverhältnisses hatte sie sich bereits zur Steuerfachwirtin weiterqualifiziert. Die Kosten für den Lehrgang hatten die Kläger getragen und auch nicht von der Beklagten zurückgefordert. Im Januar 2015 entschloss die Mitarbeiterin sich, entgeltliche Kurse bei einem privaten Anbieter zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Steuerberaterin wahrzunehmen. Wegen der Finanzierung wurden mehrere Gespräche zwischen den Kanzleiinhabern und der Mitarbeiterin geführt.

Unstreitig wollten die Kläger die Fachkraft behalten und erklärten sich bereit, die Rechnungen des Schulungsinstituts zu bezahlen. Die Kanzlei verband dies stets sinngemäß mit dem Hinweis, die Beklagte solle aber nicht nach bestandener Steuerberaterprüfung ausscheiden. Das Wort „Rückzahlung“ fiel in diesem Zusammenhang offenbar nicht. Ebenso wenig wurde über Rückzahlungsmodalitäten gesprochen. Allerdings hätten die Kanzleiinhaber gesagt, dass man sich hierüber nach Ende des Lehrgangs einig werde. Für sie sei klar gewesen, dass eine Rückzahlungspflicht bestehen sollte. Eine schriftliche Vereinbarung trafen die Parteien nicht. Mit anderen Mitarbeiterinnen hatten die Kläger in der Vergangenheit indes Rückzahlungsvereinbarungen getroffen.

Die Mitarbeiterin war einige Wochen vor den schriftlichen Prüfungen zur Steuerberaterin von der Verpflichtung zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Sie bestand die Prüfung zur Steuerberaterin zunächst nicht.

Im März 2018 kündigte die Mitarbeiterin das Arbeitsverhältnis. Der Anlass bzw. der Grund zur Erklärung der Kündigung ist zwischen den Parteien streitig. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderten die Kläger die Mitarbeiterin zur Rückzahlung der Kursgebühren in Höhe von insgesamt 8.600 Euro. Sie hätten stets die Ansicht vertreten, die Übernahme der Lehrgangskosten der Beklagten sei als reines Arbeitgeberdarlehen zu werten. Die Mitarbeiterin hingegen brachte vor, die Kanzlei habe ihr zwar gesagt, sie werde den Kurs bezahlen. Von einer Vorfinanzierung oder einer Rückzahlung sei niemals die Rede gewesen. Vielmehr sei beabsichtigt gewesen, dass sie (die Beklagte) nach bestandener Prüfung zur Steuerberaterin in der Kanzlei der Kläger als solche weiterbeschäftigt werde. Sie sei daher immer davon ausgegangen, nicht zur Rückzahlung der Leistungen verpflichtet zu sein. Die Kanzlei unterlag mit ihrer Klage beim LAG.

Selbst wenn durch die von den Klägern geschilderten Gespräche ein klassischer Darlehensvertrag über die Rückzahlung der Lehrgangskosten zwischen den Parteien zustande gekommen wäre, wäre die darin enthaltene pauschale Rückzahlungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 BGB) unangemessen und damit unwirksam. Denn auch eine als Darlehenskonstrukt getroffene Abrede zur Rückzahlung von Fortbildungs- oder Weiterbildungskosten in Form eines stufenweisen Erlasses einer Darlehensschuld komme faktisch einer Rückzahlungsabrede gleich und müsse sich an den gleichen Maßstäben messen lassen, wie eine allgemeine vertragliche Abrede zur Rückzahlung von Fort- und Weiterbildungskosten.

Rückzahlungsabreden für vom Arbeitgeber verauslagte Aus- und Fortbildungskosten benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Es müsse aber zur Wahrung von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB eine ausgewogene Gesamtregelung existieren. Diese fehle vorliegend unter jeglichem erdenklichen Gesichtspunkt.

Im Übrigen gelte: Rückzahlungsvereinbarungen unterlägen zwar keinem Schriftformerfordernis. Für das mündliche Zustandekommen trage allerdings stets die Partei die Darlegungs- und Beweislast, die Rechte hieraus herleiten will. Das seien vorliegend die Kläger. Die Beklagte habe die Erzielung einer Einigung über die Verpflichtung zur Rückzahlung der Lehrgangskosten stets bestritten. Die Kläger seien insoweit beweisfällig geblieben.

Selbst wenn jedoch zugunsten der Kläger das Zustandekommen einer mündlichen Vereinbarung zur Rückzahlung der Lehrgangskosten, die sie getragen haben, unterstellt werde, ergäbe sich hieraus kein Rückzahlungsanspruch für diese. Denn eine solche Abrede müsse bestimmen, mit welcher Tätigkeit und welcher Vergütung die Beklagte bei den Klägerinnen nach Abschluss des Steuerberaterlehrgangs tätig sein sollte. Anderenfalls hätte eine Rückzahlungsabrede, die nach AGB-Recht zu prüfen ist, unheilbare Lücken.

Die Parteien haben folglich keine wirksame Vereinbarung einer Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung der von den Klägern beglichenen Kosten für den von ihr besuchten Steuerberaterlehrgang getroffen.

Weitere Informationen:

LAG Schleswig-Urteil vom 21.8.2019, 3 Sa 67/19 (www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de)

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