Legalisierung von Cannabis – was passiert steuerlich?

Bereits früh in meiner Ausbildung wurde mir § 40 AO nähergebracht. Danach ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Beliebtes Beispiel dafür war der Drogendealer, der trotz strafbaren Verhaltens auch Ertrag- wie Umsatzsteuer zahlen muss. Im Rahmen der anstehenden Regierungsbildung wird zunehmend über die Legalisierung von Cannabis gesprochen.

An dieser Stelle will ich dieses Vorhaben in keiner Form werten, sondern lediglich durch die Brille des Steuerrechts Gedanken in die Diskussionsrunde werfen, was steuerlich so auf uns zukommen könnte.

Sollte es zu einer Legalisierung kommen, wird sich ein neuer Markt eröffnen. Wir sehen das bereits in anderen Ländern wie den USA oder Kanada, wo sich ein ganzer Wirtschaftszweig entwickelt hat und stark expandiert, bis hin zum Börsengang. Es ist damit zu rechnen, dass neue Unternehmen auf den Markt drängen, Arbeitsstellen geschaffen werden und damit auch der Fiskus sich mit der Thematik beschäftigen muss. Der Reihe nach:

Anbau

Cannabis wird aus der Hanfpflanze gewonnen und stellt dem Grunde nach ein pflanzliches Produkt dar. Reine Anbaubetriebe dürften damit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG erzielen. Landwirtschaft meint dabei die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Gewinnung und Verwertung von lebenden Pflanzen und pflanzlicher Produkte. Zu den Einkünften gehören neben der bloßen Gewinnung auch die Be- und/oder Verarbeitung der pflanzlichen Erzeugnisse sowie deren Verwertung und Vermarktung.

Je nach tatsächlicher Ausgestaltung stellt sich die Frage zur Abgrenzung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG. Ob eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, ist jeweils nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden. Wird der Anbaubetrieb im Rahmen einer Mitunternehmerschaft oder einer Kapitalgesellschaft betrieben, sind § 15 Abs. 3 EStG bzw. § 8 Abs. 2 KStG zu beachten.

Verkauf

Sofern sich für den Absatz der Produkte Einzelhandelsstufen etablieren, werden hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG erzielt. Für Freiberufler – sollten diese in den Absatz bspw. aus medizinregulatorischen Gründen eingeschaltet werden – wäre zu prüfen, inwieweit die Einkünfte der Haupttätigkeit zugerechnet werden können oder ob zur Vermeidung einer gewerblichen Infektion besser einer Auslagerung erfolgen sollte.

Eigenanbau

Der bloße Anbau und die Herstellung für eigene Zwecke wird voraussichtlich keine steuerlichen Konsequenzen mit sich bringen. Vielfach wird es schon an der Marktteilnahme bzw. an einer Gewinnerzielungsabsicht fehlen. Sollte es dennoch in Einzelfällen zu Überschussverkäufen kommen, gelten die allgemeinen Grundsätze. Eine „Nichtbeanstandungsregelung“ wie bei den Photovoltaikanlagen wird es vermutlich nicht geben.

Umsatzsteuer

Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung steht das gesamte Umsatzsteuerrecht offen. Dementsprechend wird es auf die einzelne Fallgestaltung ankommen. In Betracht kommen neben der regulären Besteuerung auch eine Differenzbesteuerung nach § 25a UStG, eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG wie auch die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG. Interessant könnte sein, ob in bestimmten Einzelfällen der Verkauf unter den Begriff der Heilbehandlung im Sinne des § 4 Nr. 14 lit. a UStG fällt.

Verbrauchsteuer

Sollte es zu einer Legalisierung kommen, ist mit einer neuen Verbrauchsteuer zu rechnen. Es bietet sich an, dass deren Ausgestaltung an die Tabak- oder Alkoholsteuer angelehnt wird. Steuergegenstand werden dann vermutlich verschiedene Endverkaufsprodukte wie Samen, Pflanzen oder verarbeitete Lebensmittel werden. Die Besteuerung selbst wird sich wiederrum an der Verkaufsmenge orientieren.

Vorteil für den Fiskus

Für den Fiskus dürfte sich eine Legalisierung von Cannabis durchaus lohnen. Bereits durch die Öffnung eines neuen Wirtschaftszweiges werden Steuereinnahmen durch Unternehmen und neue Arbeitsstellen generiert. Hinzukommen Einnahmen aus Verbrauchsteuer und Umsatzsteuer. Nach ersten Hochrechnungen schätzt man die Steuermehreinnahmen auf rd. 1,3 Mrd. bis 1,7 Mrd. EUR. Zudem entfallen staatliche Kosten bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz.

Was erwartet uns?

Nach dem ersten Blick durch die Brille des Steuerrechts sollten sich bei einer Legalisierung von Cannabis keine allzu großen Probleme im Steuerrecht stellen. Das bisherige Handwerkszeug ist und bleibt anwendbar und die Materie aus steuerlicher Sicht beherrschbar.

Ein Kommentar zu “Legalisierung von Cannabis – was passiert steuerlich?

  1. Fürs deutsche Recht gilt § 40 AO, für das harmonisierte Umsatzsteuerrecht allerdings nicht. Der strafbare Verkauf von Cannabisprodukten unterliegt nicht der Umsatzsteuer (EuGH v. 5. Juli 1988, C-269/86).

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