Mietendeckel soll am 23.02.2020 in Kraft treten

Der Berliner „Mietendeckel“ soll am 22.02.2020 veröffentlicht werden und daher am 23.02.2020 in Kraft treten. Wie schon beim Zweckentfremdungsverbot wurde auch hier das Gesetz natürlich wieder in letzter Sekunde in weiten Teilen verändert.

Mal abgesehen von der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz: Das Gesetz ist handwerklich schlecht gemacht und für viele Vermieter wirtschaftlich schlicht eine Katastrophe. Besonders deutlich wurde dies bei einer Aktion der Berliner Morgenpost (www.morgenpost.de) , bei der die Leser anrufen konnten. Bei mir waren die meisten Anrufer zufällig Vermieter. Die Reaktionen reichten von Ratlosigkeit über Unmut bis hin zur blanken Verzweiflung – mehrere Vermieter wussten schlicht nicht, wie sie eine fällige Anschlussfinanzierung bekommen sollen. So sagte mir einer, dass er am 30. April die Finanzierung benötigt, die Bank aber schon signalisiert hatte, dass das mit den Deckelmieten nicht geht. Was konnte ich ihm sagen? Nichts, außer dass er versuchen kann, die Härtefallregelung in Anspruch zu nehmen. Nur: Es steht völlig in den Sternen, wie damit umgegangen wird. Auf der Homepage der IBB heißt es derzeit lapidar: „Sie werden voraussichtlich ab Anfang März 2020 Anträge online auf unserer Webseite stellen können“. Wann und wie die bearbeitet werden, ist offen. Klar ist nur, dass die ursprünglich vorgesehene dreimonatige Bearbeitungsfrist einfach gestrichen wurde, nachdem die IBB auf die Barrikaden ging. Das dürfte für den Anrufer schlicht zu spät sein. Er kann dann nur noch verkaufen. Derlei Fragen fechten den Gesetzgeber aber natürlich nicht an, die Vermieter haben ja alle Geld.

Ein anderer Fall: Eine Mandantin erbte ein Großes Haus mit Einliegerwohnung und Garten in einer sehr guten Lage. Sie wollte es eigentlich günstig an eine ihr sympathische Patch-Work-Familie mit vielen Kindern vermieten. Die Bank wollte aber die vorher notwendigen Renovierungsarbeiten nicht finanzieren. Fazit: Die Mandantin verkauft jetzt das Haus an einen gut verdienenden Eigennutzer. Das mag rein finanziell nicht unbedingt zu ihrem Schaden sein, weil sie wohl einen sehr guten Preis erzielen dürfte. Aber sie wollte eigentlich gar nicht verkaufen, weil es ja immerhin ihr Elternhaus war. Die Familie, die eine Bleibe sucht, hat jedenfalls das Nachsehen.

Auch machen die Anfragen der Mandanten und auch der Leser deutlich, dass das Gesetz für die meisten Vermieter in weiten Teilen schlicht unverständlich ist. Dies gilt vor allem für die Rückwirkungsregelung. Selbst wenn man die Gesetzesmaterialien liest sind viele Fallgestaltungen nicht klar – weil m.E. viele Fälle aus der Mietrechtswirklichkeit nicht richtig durchdacht wurden. Einen besonderen juristischen Leckerbissen enthält z.B. die Begründung der Änderung in § 7 Abs. 2: Dort wurde einfach mal das Wort „Modernisierungsumlage“ durch „Modernisierungsmaßnahme“ ersetzt und als „redaktionelle Änderung“ dargestellt. Bemerkenswert. Zivilrechtlich ist das nämlich etwas völlig anderes. Aber wie gesagt: Was ficht den Gesetzgeber des Mietendeckel das Mietrecht an. Denn er will ja ausdrücklich nicht in das Zivilrecht eingreifen. O-Ton Gesetzesbegründung: „Vor diesem Hintergrund [der unterschiedlichen Kompetenzen von Bund und Land, Anm d.Verf.] greift das MietenWoG Bln nicht unmittelbar (aus)gestaltend in bestehende oder nach Inkrafttreten des Gesetzes abzuschließende Vertragsverhältnisse ein, deren Zustandekommen und Inhalt sich vielmehr allein nach den Bestimmungen des BGB richtet. Die sich aus solchen Vereinbarungen ergebenden Rechte können im Geltungszeitraum des Gesetzes allerdings nur in den vom MietenWoG Bln gesetzten öffentlich-rechtlichen Grenzen ausgeübt werden.“ Wie war das mit den essentialia negotii, die für den Mietvertrag zivilrechtlich erforderlich sind: Parteien, Objekt, Laufzeit und … Preis?

Und sonst? Das Gesetz überfordert wegen seiner Unverständlichkeit die Kleinvermieter. Auch professionelle Vermieter werden ihre liebe Mühe damit haben: So muss eine Hausverwaltung z.B. alle ihre 2.000 Mieter innerhalb der nächsten zwei Monate anschreiben und über bestimmte Umstände informieren. Natürlich besteht die Wohnlagekarte, die einen dieser Umstände darstellt, noch nicht. Wenn diese – per Rechtsverordnung – nicht am 23.02.2020 vorliegt, kann auch ein Vermieter, der am 23.02.2020 vermieten will, seine Pflichten gar nicht erfüllen. Aber was soll’s, sind ja nur Details.

Bei allem Ärger: Das Gesetz gilt, solange es gilt. Daher jetzt noch drei Hinweise für die Praxis:

Neumietverhältnisse, die ab 23.02.2020 geschlossen werden.

  • Höhere Mieten als die Mietendeckelmiete sind verboten (§§ 4, 5). Aber Achtung als Vermieter: Bloß nicht diese Miete als vertraglich vereinbart in den Mietvertrag schreiben!
  • Und nochmals Achtung: Sie müssen dem Mieter die entsprechenden Umstände, die zu dieser Miete führen, ungefragt vor Mietvertragsabschluss mitteilen (§ 6 Abs.4 Satz 2). Außerdem: Nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 4 müssen Vermieter den Mietern unaufgefordert vor Abschluss eines neuen Mietvertrages und jederzeit auf Verlangen des Mieters oder des zuständigen Bezirksamtes die zum Stichtag vereinbarte oder geschuldete Miete schriftlich oder elektronisch mitteilen. Macht zwar keinen Sinn, steht aber so im Gesetz.

Bestandsmietverhältnisse – Vermieter müssen vorsorglich zwei Fristen notieren:

  • Spätestens am 23.04.2020 müssen die Mieter über die Umstände informiert werden, die für die Mietobergrenze maßgeblich sind.
  • Die Mietabsenkung tritt dann am 23.11.2020 in Kraft.

Beachten Sie verschiedene Auskunftspflichten!

  • Das Gesetz sieht noch andere Auskunftspflichten für Vermieter (übrigens auch für Mieter) vor, auch diese sind bußgeldbewehrt!

3 Gedanken zu “Mietendeckel soll am 23.02.2020 in Kraft treten

  1. Die Anschlussfinanzierung ist nur ein Scheinproblem. Tatsächlich haben alle diese Vermieter eine Anschlussfinanzierung. Schließlich laufen Immobiliardarlehensverträge nicht einfach aus. Was die Vermieter sich wünschen, ist eine neue Sollzinsbindung nach Ablauf der alten Zinsbindungsfrist. Es geht aber auch mal ein paar Monate ohne Sollzinsbindung.

  2. Vielen Dank für den Hinweis, aber ich denke schon, dass sich die Banken die Konditionen für die Anschlussfinanzierung sehr genau überlegen, wenn – im schlimmsten Fall – fünf Jahre lang nur die Deckelmiete eingenommen wird.

  3. Die Banken sind verpflichtet, bei jeder Anschlussfinanzierung zu prüfen, ob sich für die für die Kreditverlängerung womöglich Gründe finden lassen, die diese unmöglich machen.

    Zum Beispiel wird geprüft, ob die Einkommenssituation des Schuldners (z.B. Arbeitslosigkeit, Scheidung, Pensionierung/Rente, … ) sich geändert haben. Ist er z.B. inzwischen zum Rentner /in geworden, liegt sein verfügbares Einkommen (nachdem alle seine sonstigen laufenden Verpflichtungen berücksichtigt sind), oft unter den vorgeschriebenen Grenzen. Dann heisst es, zusätzliche Sicherheiten bereitzustellen oder via Sondertilgungen die verbleibende Restschuld zu vermindern, so dass auch die laufende Annuität sich vermindert.

    Oft ist die Folgefinanzierung für ältere Personen automatisch deshalb teuerer als für junge Menschen, weil die Bank sich gegenüber dem Fall des Versterbens des Schuldners absichern muss. Die Erben könnten ja weniger Einkommen haben als der verstorbene Eigentümer und womöglich den Kredit nicht mehr bedienen können.

    Geprüft wird auch, ob Beleihungswert des Objekts sich geändert hat. Dies wird durch den Mietendeckel im Durchschnitt immer eintreten, da der Wert von Mietshäusern auf Basis des Ertragswerts bestimmt wird. Sinken die Mieteinnahmen, sinkt der Wert der Immobilie. Das bedeutet, dass vom Kreditnehmer zusätzliche Sicherheiten beizubringen sind, damit z.B. die vorteilhaften Konditionen für eineerstraangige Hypothek weiterhin gewährleistet werden können. Nehmen Sie an, sie haben bisher 50000 EUR Mieteinnahmen, die durch den Mietendeckel auf 35000 EUR reduziert werden. Ihr Haus hatte vorher einen Wert von, sagen wir 1.000.000 EUR, danach sind es nur noch 750.000 EUR. Nehmen Sie an, Sie haben Ihr Haus zum Ertragswert von 1 Mio. gekauft und zur Hälfte mit Kredit finanziert. Dann müssen Sie eine Grundschuld von 500.000 bedienen. Vor dem Mietendeckel war die Hälfte (500000/1000000) des Werts der Immobilie durch Grundschulden abgesichert, nach dem Mietendeckel wären es aber zwei Drittel des Hauswerte (500000/750000) . Erstrangige Hypotheken werden aber nur im Bereich bis zu 60% des Werts der Immobilie gewährt. Der tatsächliche Anteil lieget nun fast sieben Prozent darüber. Sie müssen deshalb entweder einen neue Grundschuld aufnehmen und eintragen lassen, die aber nicht mehr zu den günstigen Konditionen der erstrangigen Hypothek gewährt werden kann. Oder eine Sonderzahlung leisten, so dass sich ihre Schulden so vermindern, dass sie maximal 60% des neuen Ertragswertel nach Mietendeckel betragen.

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