Nettohonorar von der Rechtschutzversicherung löst Umsatzsteuer aus

NettohonorarNach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass aus einer Zahlung von Nettohonorar durch die Rechtschutzversicherung für einen vorsteuerabzugsberechtigten Mandanten Umsatzsteuer herauszurechnen und vom Rechtsanwalt abzuführen ist.

Sachverhalt

Die Entscheidung betrifft im Kern eine praxistypische Konstellation. Darin wird ein Rechtsanwalt für einen vorsteuerabzugsberechtigten Mandanten (Unternehmer) tätig. Für die Vertretung im gerichtlichen Verfahren wird eine Geschäftsgebühr im Wege des Vorschusses nach § 9 RVG berechnet. Die Kosten trägt die Rechtschutzversicherung. Aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten steht der Versicherer jedoch nur für die Nettokosten als Schadensposition ein. Werden z.B. Gebühren nach Nr. 2300 VV von 1.000 € zzgl. Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV von 190 € berechnet, leistet der Versicherer lediglich 1.000 € netto. Die Umsatzsteuer übernimmt er nicht; sie trägt der Mandant. Durch die Rechtsprechung erscheint auch bereits hinreichend geklärt, dass bei Vorsteuerabzugsberechtigung ein Rückgriff auf den Versicherer insoweit ausscheidet.

Widerstreit von Zivil- und Steuerrecht

Problematisch ist nun, dass die vergütungsrechtliche Trennung von Nettohonorar und Umsatzsteuer steuerrechtlich unberücksichtigt bleibt. Der BFH hat bereits grundlegend geurteilt, dass Vertragsparteien keine Abrede treffen können, Zahlungen netto zu erbringen, ohne eine Steuerschuld auszulösen (BFH, BStBl. II 1984, 120). Diesen Grundsatz überträgt das Finanzgericht auf die Abrechnung mit einem Rechtsschutzversicherer. Im Zeitpunkt des Honorarzuflusses von 1.000 € müssen daraus durch den Rechtsanwalt ca. 160 € Umsatzsteuer abgeführt werden. Ihm verbleibt dann einzig ein steuerliches Nettohonorar von 840 €. Glattstellen lässt sich die Forderung nur, indem man weiteren Vorschuss vom Mandanten in Höhe von 190 € verlangt. Daraus sind bei Zahlungseingang dann noch ca. 30 € als Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.

Entscheidung nicht überzeugend

Eine solche Praxis überzeugt lediglich bedingt. Das zeigt sich gerade im Besprechungsfall. Kann der Mandant – wie hier wegen Insolvenz – den „Steueranteil“ nicht aufbringen, verbleibt das wirtschaftliche Risiko allein beim Rechtsanwalt. Dabei bliebe der Fiskus schadlos, wenn er – jedenfalls einstweilen – auf die Erhebung von Umsatzsteuer verzichtet. Zudem führt die Sofortbesteuerung zu einem versicherungsrechtlichen Zirkelproblem. Denn wenn in der Zahlung des Rechtschutzversicherers Umsatzsteuer enthalten ist, liegt insoweit auch keine Schadensposition für den Mandanten vor. Dafür muss die Versicherung nicht einstehen. Mit guten Gründen hat der RVG-Geber die Umsatzsteuer daher in Nr. 7008 VV gesondert erfasst und nicht in den weiteren Gebühren als enthalten gesehen. Gleichwohl nimmt die Finanzrechtsprechung hier einen Vorrang der umsatzsteuerlichen Regelungen an.

Anwalt trägt Gebührenrisiko

Will der Rechtsanwalt die Umsatzsteuerbelastung nicht selbst tragen, muss er vom Mandanten weiteren Vorschuss neben der Zahlung des Rechtschutzversicherers verlangen. Ist der Mandant zahlungsunfähig, kommt noch eine Abtretung des Vorsteuerabzugsrechts des Mandanten in Betracht. Bis zum Zeitpunkt, in dem Fälligkeit nach § 8 RVG eintreten würde (Abschluss des Verfahrens), besteht ein abtretbarer Anspruch jedoch allein aus der Zahlung des Rechtschutzversicherers. Im obigen Beispielsfall wäre eine Abtretung daher auf 160 € begrenzt (statt 190 €). Stehen der Abtretung sonstige Gründe wie vorrangige Ansprüche des Finanzamts des Mandanten oder insolvenzrechtliche Erwägungen entgegen, ist der Honoraranspruch des Rechtsanwalts nach Maßgabe der Rechtsprechung nur in begrenzter Höhe werthaltig. Zwar hat der BGH im Zusammenhang mit PKH angedeutet, dass eine unterbliebene Vorsteuererstattung zu anderweitigen Ersatzansprüchen (hier gegen die Rechtschutzversicherung) führen könne. Dafür dürfte allerdings der Umstand, dass die Vorsteuer zwar nicht ausgezahlt, aber doch verrechnet wurde, keinen ausreichenden Grund darstellen.

Weitere Informationen:


Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:

Vanheiden, Vorsteuerabzug, infocenter, NWB MAAAA-41725

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6 Gedanken zu “Nettohonorar von der Rechtschutzversicherung löst Umsatzsteuer aus

  1. Lieber Herr Trinks,
    das Problem ist doch altbekannt und kein Problem.
    Der RA wird für seinen Mdt. tätig; die Versicherung ersetzt den Schaden des Mdt., zum Schaden gehört aber nur dessen Belastung. Wenn die Rng. 10.000 € netto zzgl 1.900 € USt ist und der Mdt VoSt-abzugsberechtigter Unternehmer ist, dann bleibt bei ihm nur ein Schaden von 10.000 € und damit zahlt der Versicherer an den RA nur den Nettobetrag (ggf. hier unter Abzug eines Selbstbehalts von 150 €). Der USt-Betrag und der Selbstbehalt muss vom Mdt gezahlt werden.

    Im Regelfall haben wir dann doch ganz einfache Buchungen:

    RA:
    Forderung 11.900 an Erlöse (10.000) und USt (1.900)
    Bank (Vers.-Zahlung) an Forderung 9.850
    Bank (Mdt.-Zahlung) an Forderung 2.050

    Mdt:
    Aufwand Beratung (10.000) und VoSt (1.900) an Verbindl. RA 11.900
    Verbindl. RA an Versicherungsentschädigung 9.850
    Verbindl. RA an Bank 2.050

    Ich sehe da keinerlei „Herausrechnen-Probleme“, das ist schlichte Buchhaltung.

    Und wenn nun der Mdt. ausfällt, bspw. durch Inso und die Zahlung der letzten 2.050 ausbleibt, dann haben wir einen normalen § 17 UStG-Fall für den RA. Dann müsste der RA seine USt um 327,31 korrigieren von 1.900 auf 1.572,69 (Entgelt dann 8.277,31). Auch dies ist nicht verwunderlich, denn der RA ist nun einmal derjenige, der das Insolvenzrisiko seines Mdt für sein Nettohonorar tragen muss.

    VG
    T. Schober

  2. Das sind aber auch nur „Soll-Buchungen“, nicht die „Ist-Buchungen“. Da muss noch die USt herausgerechnet werden. Denn ich habe ja keine 10.000 € Erlöse, sondern nur 8.400 € (vereinfacht). Ansonsten keine Einwände gegen das Tragen des Insolvenzrisikos, aber doch bitte erst, wenn auch die Leistung erbracht wurde, nicht schon bei Anzahlung. Jedenfalls liefert der Fall die Erkenntnis, dass die Rechtschutzversicherung nur den Mandanten schützt, nicht aber den Anwalt. Bringt gleich die Idee für ein neues Versicherungsprodukt…

  3. Klar, beim klassischen Freiberufler-RA (Vorauszahlung vor Leistungserbringung) ist aus dem Zahlbetrag 9.850 € die USt herauszurechnen und im Zahlungszeitpunkt anzumelden/abzuführen. Genauso ist dann der Zufluss der übrigen 2.050 € aufzuteilen in Netto und USt.

    Und wer sonst soll bitte das Insolvenzrisiko des Mdt tragen, als der RA selbst? Der Beratungsvertrag wird ja nicht mit der Versicherung geschlossen. Also ich halte diesen Fall wirklich für trivial und unproblematisch; das wurde schon immer so gehandhabt.

  4. „…das wurde schon immer so gehandhabt.“ – Deswegen landete die Sache ja beim FG…

    Die Sache ist, dass sich das Insolvenzrisiko nicht auswirken müsste, solange der Mandant keinen Vorsteuerabzug hat. Wenn ich keine Rechnung lege, dürfte USt aus meiner Sicht im vorliegenden Fall erst erhoben werden, wenn die Leistung ebracht wurde (und der Mandant dann auch ohne Rechnung den Vorsteuerabzug hat). Warum muss ich denn USt entrichten, obwohl der Mandant keinen Vorsteuerabzug hat und im RVG steht, dass in der Zahlung der Versicherung keine USt enthalten ist? Hier drängt sich doch auf, dass das RVG lex specialis zum UStG ist.

    Es käme ja auch niemand auf die Idee, aus der Bezahlung für eine § 13b-Leistung Umsatzsteuer herauszurechnen. Warum nicht? Na weil netto abgerechnet werden darf. Genau die gleiche Vorgehensweise wäre hier auch total zweckmäßig.

  5. Das ist ein Problem der Versicherung, denn die zahlt nur Netto, weil sie iHd VoSt keinen Schaden sieht. Im Regelfall auch zutreffend. Frage ist, ob diese Auffassung der Versicherung auch bei Insolvenz des Mdt stehen bleibt? Ggf hat der ja gerade nur Nettobeträge versichert? Ich sehe jedenfalls keinen Lösungsansatz im Verhältnis RA-FA.

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