Neues vom BMF: Umsatzsteuer auf Sachspenden – Lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein?

Mit gleich zwei Schreiben hat sich das BMF am 18.03.2021 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Sachspenden geäußert und zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen eine Reduzierung der Umsatzsteuer – auch auf 0 Euro – ermöglicht ist.

Nicht in allen Fällen kommt es aber zu einem vollkommenen Ausbleiben der Umsatzbesteuerung. Sind die Anwendungsvoraussetzungen daher praxistauglich genug?

Hintergrund

Nicht erst seit der Corona-Krise hat das Thema Umsatzsteuer auf Sachspenden vielerorts die Gemüter erhitzt. Will ein Unternehmer seine noch verbrauchbaren Waren, welche durch ihn ausgesondert wurden, spenden (etwa an eine Tafel oder eine gemeinnützige Organisation), so liegt i.d.R. eine unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1b UStG vor. Somit hat im Falle der Spende eine Umsatzbesteuerung stattzufinden, wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Heranzuziehen ist der fiktive Einkaufspreis im Zeitpunkt der Wertabgabe. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände (Abschnitt 10.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE).

Während für Lebensmittelspenden dieser Problembereich verwaltungsseitig bereits angegangen worden war (vgl. u.a. den Erlass der OFD Niedersachen v. 09.02.2016), bestand für den Bereich anderer Sachspenden bisher keine Sonderregelung mit der Folge, dass die Spende Umsatzsteuer auslöste. Entsprechend kam es dazu, dass eine Vernichtung der Ware unternehmensseitig regelmäßig günstiger zubuche schlug als deren Spende. Insbesondere im Bereich des Versandhandels führte dies zuletzt dazu, dass umfangreich Saisonware – v.a. Kleidung – in der Tonne landete, anstatt sie an Bedürftige weiterzugeben. Das BMF war hier zur Handlung aufgerufen. Nach einem langen Tauziehen wurden nunmehr am 18.03.2021 gleich zwei BMF-Schreiben publiziert.

Inhaltliche Ausgestaltung

In ihren Schreiben Nr. 1 weist die Finanzverwaltung darauf hin, dass „die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie keine Möglichkeit vor[sieht], bei Sachspenden aus einem Unternehmensvermögen aus Billigkeitsgründen abweichend von diesen Grundsätzen auf eine Umsatzbesteuerung zu verzichten“. Dreh- und Angelpunkt ist daher die Bemessungsgrundlage, für die ein neuer Abschnitt 10.6 Abs. 1a in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass eingefügt wird, nach welchem gilt:

  • Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Wertabgaben ist zu berücksichtigen, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind. Hiervon ist gem. BMF bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist. Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum, wie Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter oder Bauchemieprodukte wie Silikon oder Beschichtungen sowie Blumen und andere verderblichen Waren. Für diese Gegenstände kommt der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von Null Euro in Betracht.
  • Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit dann eingeschränkt, wenn diese aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z.B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren) oder fehlender Marktgängigkeit (z.B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind. Werden solche Gegenstände gespendet, kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist dabei im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen.
  • Keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit liegt vor, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z.B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führt dies nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. Hier ist – wie bisweilen – ein fiktiver Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen zu ermitteln.

Sonderregelungen aufgrund der Corona-Pandemie

In ihrem Schreiben Nr. 2 statuiert die Finanzverwaltung eine Billigkeitsregelung. Abweichungen von den dargestellten Regelungen gelten für Einzelhändler während der Corona-Zeit. Demnach wird für Sachspenden an steuerbegünstige Organisationen zwischen dem 1.3.2020 und dem 31.12.2021 ausnahmsweise auf die Besteuerung verzichtet, wenn Einzelhändler wirtschaftlich erheblich von der Corona-Krise getroffen sind. Dies betrifft insbesondere Saisonwaren, die aufgrund befristeter Marktgängigkeit pandemiebedingt nur noch schwerlich abzusetzen sind.

Rechtsklarheit nur bedingt geschaffen

Dass das BMF sich dem Thema Sachspenden (endlich) mit zwei BMF-Schreiben bzw. einer Einfügung eines Abs. 10.6 Abs. 1a UStAE zuwendet, ist zu begrüßen. Vor allem die Reduzierung der Bemessungsgrundlage auf null Euro für solche Non-Food-Gegenstände, die nur kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, ist positiv zu werten. Dies entspricht bereits dem Grunde nach der gängigen Praxis in Bezug auf Lebensmittelspenden an gemeinnützige Organisationen. Auf Grundlage der bisweilen zur Anwendung kommenden Verfügung der OFD Niedersachsen wird diese Regelung nunmehr auf weitere Artikel ausgedehnt.

Festzustellen ist allerdings ebenso, dass seitens des BMF tendenziell eine restriktive Auslegung der Bemessungsgrundlagenreduzierung auf null Euro gewünscht ist. Zwar werden die kurz vor dem Haltbarkeitsdatum stehenden Lebensmittel und Non-Food-Produkte nur beispielhalft als „wertlose“ Ware aufgeführt, so dass ein gewisser Raum des Null-Euro-Ansatzes auch für andere Gegenstände besteht. Klar konstatiert das BMF mit seinen Aussagen aber auch, dass bei diesen „anderen Gegenständen“ die Bemessungsgrundlage nicht ohne weiteres auf null Euro reduziert werden kann, sondern vielmehr (nur) eine Minderung der Bemessungsgrundlage infrage kommt. Hier dürfte sich dann dem Steuerpflichtigen die Frage stellen, in welchem Umfang die Verkehrsfähigkeit denn nunmehr gemindert ist und welcher Wertansatz der richtige ist. Streitanfällig ist die Regelung daher allemal und entsprechende Aufzeichnungen vor der Sachspende werden unverzichtbar.

Dass nunmehr tatsächlich – wie vom BMF selbst konstatiert – „vollumfänglich Unsicherheiten bei der Ermittlung der Umsatzsteuer auf eine Sachspende [beseitigt werden], die bislang von den Unternehmern immer wieder als Grund für den Verzicht auf eine Spende genannt wurden“, kann nicht vollends geteilt werden.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachrichten zu den BMF-Schreiben vom 18.03.2021:


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