Nutzung einer ETW durch Vater oder Mutter ist keine Eigennutzung

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb ist gemäß 23 EStG steuerpflichtig, es sei denn, es liegt einer der Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor. Von der Besteuerung ausgenommen sind danach Wohnungen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Unstreitig gilt die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung an ein unterhaltsberechtigtes Kind noch als Eigennutzung der Eltern, solange die Eltern für ihr Kind Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten (BFH 24.5.2022, IX R 28/21). Doch Steuerpflichtige sind nicht nur gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig, sondern gegebenenfalls auch gegenüber ihren Eltern. Und so stellt sich die Frage, ob der Verkauf einer Eigentumswohnung, die einem Elternteil bis zu dessen Tod unentgeltlich überlassen wurde, die Spekulationsbesteuerung auslöst oder nicht.

Der BFH ist diesbezüglich der Auffassung, dass die Überlassung einer Wohnung an einen Elternteil nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 EStG gilt und der Verkauf der Immobilie innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerpflichtig ist (BFH-Urteil vom 14.11.2023, IX R 13/23).

Der Sachverhalt:

Die Kläger, Eheleute, erwarben im Jahr 2009 eine Eigentumswohnung, die sie unentgeltlich an die Mutter der Klägerin überließen. Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2016 verkauften die Kläger die Wohnung. Das Finanzamt berücksichtigte einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aufgrund des Verkaufs der Wohnung. Es war der Ansicht, dass die Überlassung an die Mutter der Klägerin anders als eine Überlassung an unterhaltsberechtigte Kinder keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darstelle. Dagegen trugen die Eheleute unter anderem vor, eine Differenzierung zwischen unterhaltsberechtigten Kindern und anderen zivilrechtlich unterhaltsberechtigten Personen sei widersprüchlich. Das FG stimmte aber dem Finanzamt zu; der Veräußerungsgewinn war zu versteuern. Der BFH hat die Revision nun zurückgewiesen.

Die Begründung in Kurzform:

Die Steuerbefreiung greift nur dann ein, wenn die Immobilie vom Steuerpflichtigen selbst oder einem unterhaltsberechtigten volljährigen Kind bewohnt wird. Keine Selbstnutzung liegt dagegen vor, wenn eine Wohnung an die (Schwieger-)Mutter überlassen wird. Die Differenzierung zwischen einer Überlassung an unterhaltsberechtigte Kinder und Eltern sei dadurch gerechtfertigt, dass bei Kindern typisierend eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen für die Eltern anzunehmen sei. Im Übrigen war der Kläger seiner Schwiegermutter gegenüber mangels Verwandtschaftsverhältnisses nicht zum Unterhalt verpflichtet. Er war nur verschwägert nach § 1590 Abs. 1 BGB. Auch wurde eine Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter durch die Vorinstanz nicht festgestellt.

Denkanstoß:

Die Kläger hatten in den Vorjahren keine Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG an die Mutter/Schwiegermutter geltend gemacht. Ob der BFH anders entschieden hätte, wenn deren Bedürftigkeit tatsächlich nachgewiesen worden wäre, ist nicht erkennbar. Das heißt: Bis kurz vor dem Ende der Urteilsbegründung hätte ich gedacht, dass der BFH selbst bei einer anerkannten Bedürftigkeit der Mutter von einer Besteuerung des Veräußerungsgewinns ausgegangen wäre.

Doch der letzte Satz lautet: „Schließlich wurde eine Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter durch das FG nicht festgestellt“. Dieser Satz könnte also so interpretiert werden, dass bei einer Unterhaltspflicht und tatsächlich geleistetem Unterhalt eine Eigennutzung anzuerkennen wäre. Wer mutig ist, sollte in einem entsprechenden Fall also durchaus den Klageweg beschreiten.

Um noch einmal auf die Wohnungsüberlassung an ein Kind zurückzukommen: Das Bestehen einer zivilrechtlichen Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern reicht allein nicht aus, um eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken der Eltern  annehmen zu können. Hinzu kommen muss die steuerliche Berücksichtigung der Kinder nach § 32 EStG, also die Kindergeldberechtigung. Dies hat der BFH in dem o.g. Urteil deutlich gemacht.

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