Nutzungsdauer von PCs beträgt nur noch ein Jahr – was richtet das BMF damit nur an?

Herr Dr. Timmy Wengerofsky hatte kürzlich bereits darauf hingewiesen, dass PCs, Notebooks sowie die zugehörige Software sozusagen coronabedingt sofort in voller Höhe abgeschrieben werden dürfen, wenn die Wirtschaftsgüter seit dem 1. Januar 2021 angeschafft worden sind oder noch werden (Bund Länder-Beschluss: Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 01.01.2021). Die entsprechende Regelung soll nach dem Willen der Bundeskanzlerin und der Regierungschefs und -chefinnen der Länder nicht per Gesetz, sondern untergesetzlich erfolgen. Sprich: Das BMF soll tätig werden. Und das tut es derzeit.

Soeben liegt ein Entwurf eines entsprechenden BMF-Schreibens vor. Wie fast vermutet wird die Neuregelung – wie so viele andere kaum durchdachte Vorschläge während der Corona-Pandemie – für zahlreiche Abgrenzungsfragen sorgen. Und so umfasst allein schon der Entwurf des BMF-Schreibens über vier Seiten.

Schön sind die einleitenden Sätze:

„Den Kernbereich der Digitalisierung bilden die Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) sowie die für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware. Diese Wirtschaftsgüter unterliegen aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der Abschreibung nach § 7 EStG zugrunde zu legen ist, ist für diese Wirtschaftsgüter deshalb an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse anzupassen. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die Nutzungsdauer von Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) und von Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung die folgenden Grundsätze:

  1. Nutzungsdauer

Für die in Rz. 3 aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die in Rz. 5 näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ein Jahr.“

Alsdann werden die unterschiedlichen Gerätetypen vorgestellt und der Begriff „Software“ erläutert. Dies ist notwendig, weil natürlich viele Geräte letztlich nichts anderes als Computer sind. Um es auf die Spitze zu treiben: Ein Thermomix der neuesten Generation, der für die betriebliche Küche angeschafft wird, ist zwar ein Küchengerät, aber eben auch ein Computer. Nun gut, Spaß beiseite.

Tatsächlich könnte das BMF-Schreiben (wenn es denn so veröffentlicht wird) – bei aller Freude über die Begünstigung – langfristig mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften. Denn: Nach § 7 Abs. 1 EStG bemisst die lineare AfA nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern. Es steht nicht im Belieben des BMF, Nutzungsdauern willkürlich – aus rein politischen Gründen – zu verringern. Deshalb heißt es auch in der Vorbemerkung zu den amtlichen AfA-Tabellen:

„Die in diesen Tabellen für die einzelnen Anlagegüter angegebene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (ND) beruht auf Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung.“

Nun möge man mir nur einen einzigen Betriebsprüfer Deutschlands zeigen, der behaupten würde, die Nutzungsdauer eines PCs betrüge üblicherweise ein Jahr.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Als Steuerberater und Steuerzahler freue ich mich über jede Begünstigung. Aber ich halte es nicht für angebracht, das Steuerrecht für kurzfristige politische Manöver – seien sie noch so begrüßenswert – zu missbrauchen. Nutzungsdauern können nicht einfach aus einer Laune heraus, weil die Regierungschefs und -chefinnen es toll finden, verringert werden. Es bedarf dazu Erfahrungswerte. Welchen Wert haben die amtlichen AfA-Tabellen insgesamt noch, wenn sie nicht empirisch, sondern politisch motiviert erstellt werden? Die AfA-Tabellen werden der Finanzverwaltung künftig vor Gericht „um die Ohren fliegen“.

Von daher gilt das, was auch schon bei dem steuerfreien Corona-Bonus von 1.500 Euro galt: Lieber ins Gesetz gießen als nur in ein BMF-Schreiben.

Und nur am Rande:

  • Handels- und Steuerbilanz werden natürlich weiter auseinanderlaufen.
  • Die Frage ist, ob ich PCs denn weiterhin über einen Zeitraum von drei Jahren abschreiben darf. Ich möchte nämlich behaupten, dass bei niedrigen Gewinnen und Steuersätzen des Jahres 2021 bei einigen Steuerpflichtigen gar kein Bedarf für eine Sofortabschreibung besteht. Der Entwurf des BMF-Schreibens sieht jedenfalls kein Wahlrecht vor: Die Wirtschaftsgüter wären danach zwingend im Erstjahr voll abzuschreiben.
  • Die Restbuchwerte von bereits in 2019 oder 2020 angeschafften PCs sind in 2021 abzuschreiben; nach dem Entwurf des BMF-Schreibens möglicherweise sogar zwingend. Auch hieran dürften viele Steuerpflichtige gar kein Interesse haben.
  • Wenn schon begünstigt wird, warum dann nicht auch Schreibtische und Schreibtischstühle für das Homeoffice? Diese weisen derzeit nämlich recht lange Nutzungsdauern auf.

Fazit: Die Neuregelung wird letztlich zu unzähligen Fragen führen.

2 Gedanken zu “Nutzungsdauer von PCs beträgt nur noch ein Jahr – was richtet das BMF damit nur an?

  1. Zu den oben genannten Problemen (kein Wahlrecht, nachträgliche Abschreibung auf „Alt“-bestände), die ich genauso beurteile wie der Autor, kommen aber noch Folgendes hinzu:
    – Kann tatsächlich der volle Betrag in den Aufwand genommen werden, wenn der Zugang z.B. erst am 30.12. erfolgt? Oder muss nicht pro rata temporis abgeschrieben werden. Es ist eine Nutzungsdauer von einem Jahr festgelegt, aber kein sofortiger Betriebsausgabenabzug (anders bei GwG).
    – Handelsrechtlich dürfte diese Nutzungsdauer nicht vertretbar sein. Und bei der Größenordnung (z.B. fällt auch die Einrichtung eines ERP-Systems wie SAP unter diese geplante Regelung) kann auch kaum mit Wesentlichkeit argumentiert werden. Dies führt dann aber zu passiven latenten Steuern für alle!

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