Privates Veräußerungsgeschäft: Unentgeltliche Überlassung an ein Kind (Teil 1)

Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt nicht vor, wenn im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Fraglich ist, ob auch die Überlassung an ein Kind unter die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken fällt. 

Leider ist die Rechtsprechung in diesem Punkt sehr restriktiv. Im rechtskräftigen Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 30.9.2015 (Az: 1 K 1654/14) heißt es: Die Überlassung der Wohnung des Steuerpflichtigen nach seinem Auszug an seine ehemalige Lebensgefährtin und die minderjährigen Kinder stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, wenn der gemeinsame Haushalt mit dem Kind und der Lebensgefährtin aufgelöst worden ist.

Für die Praxis ist der Fall von enormer Bedeutung, da er nicht unbedingt selten vorkommen dürfte. Ein Paar mit gemeinsamen Kindern trennt sich und einer zieht bereits aus der (zumindest auch in seinem Eigentum stehenden) Immobilie aus. Wird diese Immobilie dann innerhalb von zehn Jahren veräußert, muss nach dem Willen des Hessischen Finanzgerichtes ein entsprechender Veräußerungsgewinn besteuert werden, auch wenn die oder der ehemalige Lebensgefährte dort noch mit den gemeinsamen Kindern wohnt, für die auch ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes erkennt das Gericht nur, wenn die Immobilie vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer bewohnt wird. Bei gemeinsamer Nutzung mit Familienangehörigen bzw. bei teilweiser unentgeltlicher Überlassung eine fremde Person liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur noch vor, solange die eigene Haushaltsführung möglich bleibt. Dies gilt auch für die Überlassung der Wohnung an ein i.S.d. § 32 EStG zu berücksichtigendes Kind zur alleinigen Nutzung sofern dies aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung geschieht.

Für die Praxis werden diese Fälle daher nur schwerlich mit dem tatsächlichen Lebensunterhalt in Einklang zu bringen sein. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, wie Sachverhalt zu behandeln sind, bei denen eine Immobilie unentgeltlich an ein Kind i.S.d. § 32 EStG überlassen wird, dieses Kind jedoch noch während der Überlassung die Altersgrenze des § 32 EStG überschreitet. Auch hierzu gibt es bereits eine gerichtliche Meinung, welche ich im zweiten Teil des Beitrages vorstelle.

Weitere Informationen:
Hessisches Finanzgericht v. 30.09.2015 – 1 K 1654/14

 

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