Quellensteuerabzug für Online-Werbung – Digitalsteuer durch die Hintertür?

Online-Werbung steht hoch im Kurs bei Marketingstrategen in Unternehmen: Allein 2017 wurden in Deutschland rund 6,6 Mrd. € in Online-Werbung investiert. Ist doch klar, dass der deutsche Fiskus von diesem Riesenkuchen ein großes Stück abbekommen will. Die Finanzverwaltung in Bayern ist der Ansicht, dass Vergütungen an ausländische Internetportal-Betreiber den inländischen Online-Werbekunden zum Quellensteuerabzug nach § 50a EStG verpflichten.

Doch jetzt laufen die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft in einem gemeinsamen Schreiben an das BMF gegen die Pläne Sturm (Schreiben der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft vom 5.3.2019).

Hintergrund

Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Amazon erzielen riesige digitale Werbeumsätze, zahlen dafür aber derzeit keine Steuern in Europa. Frankreich will deshalb eine Steuer auf digitale Geschäftsmodelle erheben. Andere halten das für falsch und fordern ein international abgestimmtes Vorgehen, ein kohärentes Steuersystem, das für alle Marktteilnehmer die gleichen und nachvollziehbaren Regeln aufstellt. Der Weg bis dahin ist allerdings weit.

Bayerischer Fiskus will zugreifen

Vor diesem Hintergrund greift die bayerische Finanzverwaltung vermehrt in Betriebsprüfungen Aufwendungen deutscher Unternehmen für Online-Werbung auf und lässt durch Prüfer Kontrollmitteilungen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) versenden: Bei der Online-Werbung handele es sich um die „Nutzung von Verfahren“ (Algorithmen) mit der Folge, dass vom Werbekunden ein Quellensteuereinbehalt nach §§ 49 Abs.1 Nr.9; 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG; §§ 73a ff  EStDV vorzunehmen sei – unter Umständen sogar für Altjahre. Betroffen wären Nutzer von Online-Werbeplattformen, etwa bei Banner- oder Suchmaschinenwerbung oder Suchmaschinenoptimierung, die entsprechende Verträge mit Werbepartnern abschließen. Online-Werbeunternehmen, die etwa Anzeigen bei ausländischen Online-Plattformen platzieren, müssten dann (rückwirkend) Steuern in Höhe von effektiv 15,825 Prozent der Werbeaufwendungen an den Fiskus abführen, ein Volumen, das auf rund 1 Mrd.€ Steueraufkommen/Jahr beziffert wird.

Bewertung

Die Pläne der bayerischen Finanzverwaltung sind ein Schritt in eine falsche Richtung, deswegen haben die Spitzenverbände der Wirtschaft am 5.3.2019 zu Recht protestiert und fordern vom BMF ein abgestimmtes Bund-Länder-Vorgehen, bei dem auf den Quellensteuerabzug bei Onlinewerbung verzichtet und die Einführung einer europaweit abgestimmten Digitalsteuer abgewartet wird. Gegen die Digitalsteuerpläne aus Bayern spricht, dass schon heute Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, die dem deutschen Fiskus das inländische Besteuerungsrecht entziehen. Beantragt der ausländische Plattformbetreiber im Inland eine Freistellungsbescheinigung oder lässt sich die Quellensteuer erstatten, blieben nur die deutschen Online-Werbeunternehmen mit dem steuerlichen Haftungsrisiko belastet. Da nicht ausländische Anbieter von Werbeplattformen betroffen wären, sondern nur deutsche Unternehmen, die über diese Plattformen Werbung schalten, führt die bei diesen entstehende Liquiditätsbelastung zu einem Marktungleichgewicht zulasten inländischer Unternehmen, die niemand ernsthaft wollen kann.

Wie geht’s weiter?

Betroffene Werbeunternehmen sollten jetzt vorsorglich ihre Werbeverträge sorgsam prüfen, ob diese eine kritische „Rechteüberlassung“ i.S.d. § 50a EStG enthalten. Dem Vernehmen nach werden auf politischer Ebene Mitte März Gespräche geführt – hoffentlich mit dem Ergebnis, dass die bayerischen „Digitalsteuer“-Pläne nicht weiterverfolgt werden.

Weitere Informationen:

Schreiben der Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft an BMF vom 5.3.2019  (pdf)

Lesen Sie hierzu auch folgenden Beitrag im NWB Experten-Blog:

Nakhai: Alert § 50a EStG! Finanzverwaltung erwägt, Abzugsteuer auf Zahlungen für Online-Werbung zu erheben

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

45 − = 36