Recht auf Selbstbeurlaubung bei Erkrankung des Kindes

Die Urlaubszeit naht. Zwar hat die Gewährung des Urlaubs bekanntermaßen nach „billigem Ermessen“ seitens des Arbeitgebers zu verfolgen, doch ein „Recht“ auf Selbstbeurlaubung ist die krasse Ausnahme. Denn Urlaub ist grundsätzlich zu nehmen. Ein Recht auf Selbstbeurlaubung kommt einer Zwangsvollstreckung ohne gerichtlichem Urteil nach.

Im Streitfall hatte der alleinerziehende Vater Urlaub genommen. Während des Urlaubs informierte er den Arbeitgeber per WhatsApp-Nachricht, dass sein Sohn operiert werde und er einige weitere Tage Urlaub bräuchte. Der Arbeitgeber gestattete dies per WhatsApp. Aufgrund des jungen Alters des Sohnes wurde der Vater mit ins Krankenhaus aufgenommen. Die Kinderärzte schrieben den Sohn noch ca. drei weitere Wochen krank und attestierten die Erforderlichkeit der Betreuung und Beaufsichtigung durch den Vater. Die ärztliche Bescheinigung faxte der Kläger der Vater noch am gleichen Tag dem Arbeitsgeber zu. Prompt kam die fristgerechte Kündigung während der Probezeit.

Das LAG Rheinland-Pfalz (AZ: 8 Sa 152/16) wies jedoch  die Kündigungsschutzklage ab. Dabei hat es jedoch grundsätzliche Ausführungen zum Recht auf Selbstbeurlaubung getätigt. Die Arbeitspflicht entfalle nach § 45 Abs. 3 SGB V, wenn die kind– und betreuungsbezogenen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 SGB V vorlegen. In einem solchen Fall bestehe keine Arbeitspflicht. Der Arbeitnehmer brauche daher erst gar kein Recht geltend zu machen; vielmehr dürfe er  eigenmächtig von der Arbeit fernbleiben.

Im Streitfall fehlte jedoch bei der Kündigung ein Bezug zu der Betreuung des Kindes. Der Arbeitgeber hatte ohne Begründung die Kündigung während der Probezeit ausgesprochen. Eine Begründung ist in einem solchen Fall auch nicht erforderlich. Das Gericht führte aus, dass Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber ein Fernbleiben von der Arbeit nicht akzeptieren würde, weil das Kind krank ist, nicht vorliegen würden. So hätte er bereits zuvor ausdrücklich sein Einverständnis zu dem ersten Fernbleiben erklärt. Der enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Übersendung der ärztlichen Bescheinigung und der Kündigung – am selben Tag, genügte dem Gericht nicht, um eine unzulässige Maßregelung im Sinne des 612 A BGB und daher eine Nichtigkeit nach § 134 BGB festzustellen. Hier hätte man allerdings auch anderer Auffassung sein können.

Fazit: Obwohl der Vater hier letztendlich verloren hat (Probezeitkündigung), hat das Gericht ein Recht auf Selbstbeurlaubung bei Erkrankung eines Kindes nach Maßgabe des § 45 SGB V ausgesprochen. Das hilft in vielen Fällen weiter.

Weitere Informationen:

LAG Rheinland-Pfalz v. 08.11.2016 – 8 Sa 152/16

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

29 + = 36