Rente mit 63: Vorsicht bei Arbeitslosengeldbezug in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn

Besonders langjährig Versicherte, die vor dem 1.1.1964 geboren wurden, haben frühestens Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben (§ 236b SGB VI). Auf die Wartezeit werden entsprechend § 51 Abs. 3a Nr. 3a SGB VI grundsätzlich Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung angerechnet; jedoch als Ausnahmeregelung keine Zeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn, es sei denn der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt (sog. Rückausnahme).

Mit welchen Zeiten diese Wartezeit erfüllt werden kann, kann im Einzelfall strittig sein. Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat sich erst kürzlich zu der Frage geäußert, ob Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auf die 45-jährige Wartezeit für die sogenannte Rente ab 63 angerechnet werden können, wenn die Wartezeiten vor dem 1.7.2014 lagen, d.h. vor dem Inkrafttreten der Norm des § 51 Abs. 3a Nr. 3a SGB VI, wonach die letzten zwei Jahre mit Arbeitslosengeldbezug für die Wartezeit nicht herangezogen werden können.

Dies wurde verneint; es bleibt beim Grundsatz, dass Arbeitslosengeldbezug in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht auf die Wartefrist angerechnet wird,  auch wenn die entsprechenden Zeiten des Arbeitslosenbezuges vor dem Inkrafttreten der dies regelnden Norm am 1.7.2014 liegen. Verfassungsrechtliche Bedenken wurden nicht gesehen, da die Problematik insbesondere im Gesetzgebungsverfahren bedacht wurde.

Ausnahmen: vollständige Geschäftsaufgabe oder Insolvenz des Arbeitgebers kann zur Anrechnung führen.

51 Abs. 3a Nr. 3a SGB VI kennt jedoch auch Rückausnahmen: Wenn der Arbeitslosengeldbezug in den letzten zwei Jahren durch eine Insolvenz oder „vollständige Geschäftsaufgabe“ des Arbeitgebers bedingt ist, können die Zeiten auf die Wartefrist angerechnet werden.

Was aber ist nun unter einer „vollständigen Geschäftsaufgabe“ zu verstehen? Der Begriff ist  gesetzlich nicht definiert. Der Senat ist der Meinung, dass er insbesondere nach Sinn und Zweck der Norm den Wegfall des gesamten Unternehmens des konkreten rechtlichen Arbeitgebers beinhaltet, um eine missbräuchliche Frühverrentung von vornherein auszuschließen. Eine Schließung von mehreren bzw. einzelnen Standorten wie im vorliegenden Fall war nicht ausreichend. Eine „vollständige Geschäftsaufgabe“ liege nur dann vor, wenn das gesamte Unternehmen des Arbeitgebers als Basis vorhandener Beschäftigungen wegfalle.

Fazit:

Die Rückausnahmetatbestände, die ausnahmsweise zur Anrechnung auf die Wartezeit führen, müssen eng ausgelegt werden. Der Sinn und Zweck der Norm, missbräuchliche Frühverrentungen auszuschließen, ist dabei der Orientierungsmaßstab.

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