Rückforderung von Corona-Zuschüssen zur Unzeit

Bei den Corona-Zuschüssen für Unternehmen und Selbständige werden erste Rückzahlungen und Schlussabrechnungen fällig. Rückzahlungsverpflichtungen können bei anhaltenden Pandemiefolgen vielen Unternehmen wirtschaftlich das Genick brechen: Rückzahlungsbescheide kommen deshalb zur Unzeit!

Hintergrund

Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern hat der Bund neben Steuererleichterungen und Kurzarbeitergeld insbesondere mit den Corona-Zuschussprogrammen Unternehmen und Selbständigen unter die Arme gegriffen, die unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten sind. Bis Mitte Dezember 2021 waren rund 60,4 Mrd. Euro an Corona-Hilfen des Bundes ausgezahlt worden, davon sog. Soforthilfe zu Beginn der Pandemie in Höhe von 13,48 Mrd. Euro, an Überbrückungshilfen (I – III Plus) 31,11 Mrd. Euro, an November- und Dezemberhilfen 13,83 Mrd. Euro und an Neustarthilfen rund 1,99 Mrd. Euro.

Rückforderungen bei Soforthilfen angelaufen

In der ersten Phase der Corona-Pandemie haben Bund und Länder Corona-Soforthilfen vergleichsweise unbürokratisch und schnell überwiesen: Erst helfen, dann prüfen. Wer einen coronabedingten Liquiditätsengpass hatte, also den fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand wie Pacht, Kreditkosten oder Versicherungen nicht mehr bedienen konnte, durfte die Soforthilfe behalten; liefen die Geschäfte aber doch besser als erwartet, musste die Soforthilfe (anteilig) zurückgegeben werden (Jahn, NWB 2020 S. 1342). Erst recht gilt dies in den rund 17.000 bundesweit festgestellten Betrugsfällen mit einem Schaden von rund 150 Mio. Euro. Wie aus den Wirtschaftsministerien der Länder bekannt ist, haben diese aber zum Ende des Jahres 2021 in Summe knapp 300 Mio. Euro Corona-Finanzhilfen zurückgefordert, rund 30.000 Betriebe sollen bundesweit betroffen sein.

Endabrechnung für Neustarthilfe muss jetzt eingereicht werden

Auch alle Empfänger der Neustarthilfe sind jetzt zur Einreichung der Endabrechnung verpflichtet. Für die Direktantragsteller galt in den meisten Fällen die Einreichungsfrist 31.12.2021. Allein in Bayern aber waren Mitte Dezember 2021 noch über 70 Prozent der Endabrechnungsanträge von Direktantragstellern nicht eingereicht worden. Erfolgt keine Endabrechnung, muss der ausgezahlte Vorschuss vollständig zurückgezahlt werden – das kann teuer werden.

Rückforderung vor Schlussabrechnung der Corona-Hilfsprogramme

Die Bewilligungsstellen der Länder sind verpflichtet, unberechtigt ausbezahlte Gelder bereits vor der Schlussabrechnung zurückzufordern. Bislang mussten 35 Mio. Euro in Fällen von fehlender Antragsberechtigung bei den Überbrückungshilfen sowie bei November- und Dezemberhilfe allein in Bayern zurückgefordert werden. Im Verhältnis zur insgesamt in Bayern ausgezahlten Summe der Corona-Hilfen von 8,2 Mrd. Euro entspricht das aktuell ca. 0,4% der Gesamtsumme.

Grundsätzlich gilt für alle Hilfen: Erfolgt keine Schlussabrechnung, müssen alle erhaltenen Hilfen in voller Höhe zurückgezahlt werden, das Risiko ist also hoch. Der Start des Antragsverfahrens für die gemeinsame Schlussabrechnung der Überbrückungshilfen I-III sowie der November- und Dezemberhilfe ist vom Bund für Ende Januar 2022 vorgesehen. Ab Februar 2022 soll die Bearbeitung in den Bewilligungsstellen möglich sein. Die Einreichungsfrist der Schlussabrechnung wurde auf den 31.12.2022 verlängert.

Was sollte die Politik jetzt bei Rückforderung und Endabrechnung bedenken?

Auch wenn es derzeit keinen Lockdown wie in 2020/21 gibt, kommt die Rückforderung der Corona-Finanzhilfen zum jetzigen Zeitpunkt zur Unzeit. Denn in etlichen Wirtschaftszweigen wie Veranstaltungswirtschaft, Hotellerie und Gastronomie bis hin zum Einzelhandel laufen die Geschäfte wegen aktueller Zutrittsbeschränkungen schlecht, Umsatzrückgänge und Kurzarbeit prägen das Geschehen. Genau in die Phase die Wirtschaftsunternehmen mit Rückforderungsbescheiden zu konfrontieren, spricht für wenig Feingefühl, da den Betroffenen die erforderliche Liquidität fehlt, um derzeit Rückforderungen bedienen zu können.

Hinzu kommt, dass der Berufsstand der steuerberatenden Berufe, der als „prüfender Dritter“ in den meisten Fällen auch die Schlussabrechnung betreut, am Limit ist, einfach nicht mehr hinterherkommt. Und Direktantragsteller der Neustarthilfe beklagen, dass keine digitalen Abrechnungsformulare verfügbar sind, die Abrechnung also technisch hakt.

Das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ist noch immer nicht absehbar. Feststeht aber schon jetzt, dass die Folgen der Pandemie die Wirtschaft noch einige Jahre nachwirkend belasten wird. Um den Unternehmen und Soloselbständigen besser aus der Krise zu helfen, sollten Bund und Länder deshalb über einen Aufschub bei Rückforderung von Corona-Finanzhilfen nachdenken, der die Liquidität der Betroffenen schont. Das könnte etwa bedeuten, dass auch bei erfolgter Abrechnung eine großzügige und zinsfreie Stundung erfolgt oder Ratenzahlung bewilligt wird.

Quellen


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