Schalke ist mehr als ein Fußballverein – es ist ein Gefühl, sagen viele Fans. Doch Gefühle zahlen keine Zinsen. Der aktuelle Halbjahresbericht zeigt: wirtschaftlich schlägt sich der Club achtbar, aber die Risiken bleiben groß. Zwischen Events, Transfers und Genossenschaftsgeist bleibt die Frage: Reicht das für eine nachhaltige Sanierung?
Eine schwarze Null, die keiner erwartet hat
Die Schlagzeile des Zwischenberichts ist schnell gefunden: Ein Konzerngewinn von rund 6,6 Mio. Euro. Nach Jahren der Verluste klingt das fast zu gut, um wahr zu sein. Und tatsächlich: Hinter dem Überschuss steckt ein hoher Einmaleffekt. Rund 15 Mio. Euro stammen aus Gewinnen aus dem Abgang von Vermögensgegenständen, wie in der Kapitalflussrechnung ersichtlich ist. Das betrifft vor allem Transfererlöse und Verkäufe von Anlagevermögen – also klassische Sondereffekte, die nicht regelmäßig wiederkehren.
Rechnet man diese heraus, sähe das Ergebnis deutlich trüber aus. Der operative Verlust bleibt bestehen – ebenso wie die finanzielle Abhängigkeit von Verkäufen. Auch der operative Cashflow bestätigt das: Mit -4,2 Mio. Euro bleibt das Tagesgeschäft klar im Minus. Einnahmen aus Spielbetrieb, Catering und Sponsoring reichten nicht aus, um die laufenden Ausgaben zu decken. Die Liquidität schrumpfte deutlich – der Finanzmittelfonds fiel von rund 8,7 auf 4,2 Mio. Euro.
Hoffnungsträger Genossenschaft?
Ein strukturelles Highlight sticht heraus: die neu gegründete Fördergenossenschaft „Auf Schalke eG“. Über sie sollen Fans den Verein mit Eigenkapital stärken – ein ungewöhnlicher, aber solidarischer Weg. Seit Jahresbeginn können Mitglieder Anteile erwerben, je 250 Euro das Stück. Tausende Schalker haben bereits mitgemacht. Ob das reicht, um die wirtschaftliche Wende zu schaffen, bleibt abzuwarten.
Was nicht in der Bilanz steht: der Druck steigt
Auch wenn der Konzernabschluss solide aussieht – die wirtschaftliche Realität bleibt angespannt. Rund 16 Mio. Euro müssen jährlich für Zins und Tilgung aufgebracht werden. Das lässt wenig Spielraum für sportliche Investitionen. In der 2. Bundesliga steigen die finanziellen Risiken mit jedem Jahr – der Aufstieg ist nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich Pflicht.
Hinzu kommt: Der Verein weist weiterhin kein positives Eigenkapital aus. Der „nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag“ beläuft sich auf knapp 100 Mio. Euro – ein deutlicher Warnhinweis für Gläubiger und Mitglieder.
Und mein Senf dazu
Schalke 04 überrascht mit einem positiven Ergebnis – doch wie nachhaltig ist dieser Gewinn? Wer genau hinschaut, erkennt: Die wirtschaftliche Gesundung steht auf wackligen Beinen. Ohne Sondereffekte wäre die Bilanz tiefrot. Der operative Cashflow ist negativ, die Schulden bleiben hoch, und echte Rücklagen gibt es nicht.
Trotzdem: Der Verein versucht neue Wege – mit Genossenschaftsmodell, Nachwuchsförderung und Veranstaltungsstrategie. Das verdient Anerkennung. Aber auch Ehrlichkeit: Der Weg zur wirtschaftlichen Stabilität ist noch lang.
Weitere Informationen:
Konzernzwischenbericht Schalke 04 (pdf)
Ein Beitrag von:
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- Diplom-Volkswirtin und Unternehmensberaterin
- Erstellung von (Gerichts-)Gutachten, Stellungnahmen und Analysen zu Bilanzierungssachverhalten
- Fachbuchautorin
- Anhörung als Sachverständige im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Wirecard Skandal des Deutschen Bundestages und im Finanzausschuss zum FISG
- Mehr unter carolarinker.de
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Aus Interesse an den Themen. Aus Spaß. Aus Netzwerk-Gründen. Als Ergänzung zu meiner Arbeit als Unternehmensberaterin und meinen Lehrveranstaltungen ist das Bloggen wunderbar geeignet. Ein Blog bietet die Möglichkeit, sich in einzelne Themen zu vertiefen – und sich anschließend mit Lesern darüber auszutauschen. Da jedes Jahr neue Jahresabschlüsse von Unternehmen vorgelegt werden und sich die Regeln der Bilanzierung ständig ändern, wird mir der Stoff nie ausgehen.
Eine Antwort
Danke für Ihre finanzielle Analyse, Frau Rinker.
Nur eine kleine Richtigstellung bitte: Schalke04 ist kein Gefühl,
Schalke ist Religion !