Serie „Bilanzkosmetik“: Mehr Schein als Sein?


Teil I: Einführung – Wie Tricksereien Unternehmen langfristig schaden

Tja, wie heißt es doch so schön: „Wer schöner ist als ich, ist geschminkt“. Dies gilt auch für die ein oder andere Bilanz. Dabei ist Bilanzkosmetik alias Windowdressing „lediglich“ das Aufhübschen der Bilanz. So eine Art „Frisur der Bilanz“. Dies darf keinesfalls verwechselt werden mit dem Fälschen von Bilanzen. Während Bilanzkosmetik erlaubt ist, ist Bilanzfälschung hingegen verboten. Eine weitere Differenzierung finden Sie in meinem Artikel „Window dressing vs. ,Cook the book‘: Wo ist die Grenze zwischen Bilanzkosmetik und Bilanzfälschung?“

Bei Bilanzkosmetik nutzen Unternehmen den vorhandenen Bewertungsspielraum, die die handelsrechtlichen Regelungen nach HGB oder international die IFRS erlauben. Durch Bilanzpolitik kann so das Bild eines Unternehmens „geschönt“ werden. So werden Sondereffekte verschwiegen, um höhere Umsatzerlöse vorzutäuschen oder Firmenwerte nicht außerplanmäßig abgeschrieben.

Warum ist das Thema denn eigentlich wichtig? Ganz einfach. Kurzfristig sieht die Bilanz hübsch aus, Aktionäre und Vorstände profitieren durch höhere ausgewiesene Gewinne. Diese führen möglicherweise zu überhöhten Gewinnausschüttungen (Dividenden) für die Aktionäre und eine höhere Gewinnbeteiligung des Vorstandes. Auch das Rating des Unternehmens verbessert sich, sofern das Aufhübschen der Ratingagentur nicht auffällt. Denn in der Tat ist das Aufdecken von Bilanzkosmetik in der Praxis nicht immer leicht. Langfristig gedacht ist das Ganze keinesfalls. Die Bilanzkosmetik kann langfristig dem Unternehmen sogar schaden. Doch wen interessiert das schon? Den Vorstand meistens nicht. Langfristig wird er nicht mehr im Unternehmen verbleiben. Was ist mit den Aktionären? Nun, es hängt ganz von der Zielsetzung ihrer Anlage ab. Sind sie auf kurzfristige Gewinne aus, profitieren sie von ggf. höheren Gewinnausschüttungen. Bei langfristiger Sichtweise sieht es anders aus.

Vor allem wenn die Anwendung von Bilanzkosmetik dazu dient, eine dramatische Schieflage zu verschleiern, kann es langfristig böse enden. So sieht man bei Air Berlin beispielsweise Folgendes: Durch die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital erscheint die Bilanz in einem anderen Licht. Besser geht es dem Unternehmen nicht. Eine möglicherweise dringend anstehende Entscheidung wird somit nur in die Zukunft verschoben.

Bei diesen legalen Tricks zur Beeinflussung der Bilanz gibt es keine Prüfstelle, die einschreitet. Es ist ja nicht verboten. In der folgenden Serie, soll jeweils am Monatsanfang ein Praxisbeispiel der Bilanzkosmetik im Detail betrachtet werden. So kann der Bilanzleser wenigstens wissen, worauf er beim Lesen eines Jahresabschlusses achten sollte. Machen Sie sich als Bilanzleser mündig, dann können Sie die Tricks der Unternehmen durchschauen und lassen sich keinen Bären aufbinden.

Lesen Sie im zweiten Teil der Serie, wie mit Hilfe von Pensionsverpflichtungen die Bilanz geschönt werden kann.

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