Serie Risiko Bilanz: Aufgepasst bei kreativen Kennzahlen zum Aufpeppen des Umsatzes

Sie lieben Kennzahlen. Darüber habe ich kürzlich am Beispiel von Delivery Hero berichtet. Doch der Essenslieferant ist nicht das einzige Unternehmen, das Investoren mit kreativen Kennzahlen beeindrucken will.

Woran gerne gedreht wird? An Zahlen, die hohe Umsätze suggerieren. Doch während der Begriff Umsatz durch die Rechnungslegungsvorschriften definiert ist, sind der Definition eigener Kennzahlen keine Grenzen gesetzt. Die Folge? Andere Begriffe, die den Anschein erwecken sollen: Dem Unternehmen geht es wirtschaftlich sehr gut.

Wie hohe Umsätze suggeriert werden soll(t)en

Die seit einigen Monaten insolvente Kreditvermittlungsplattform Creditshelf versuchte im vergangenen Jahr auf der Hauptversammlung, Investoren mit der Kreditnachfrage zu beeindrucken. Ob erfolgreich oder nicht – allein die Tatsache der Insolvenz zeigt, dass kreative Kennzahlen langfristig nicht zum Erfolg führen. Ganz einfach: Ein Unternehmen muss nachhaltig Gewinne erwirtschaften, wenn es am Markt bestehen will. Kundenanfragen allein reichen nicht aus, um Gehälter zu zahlen.

Der Vorstand hat in seiner Rede immer wieder von der Kreditnachfrage gesprochen. Was mich erstaunt hat? Dass ein potenzieller Kreditnehmer sicherlich bei mehreren Anbietern anfragt und in Zeiten steigender Zinsen die tatsächlich vergebene Kreditsumme eher sinken als steigen wird, wurde nicht wirklich thematisiert. Zudem zielt das Geschäftsmodell eher auf einen kleinen Kreis potenzieller Kunden ab. Die meisten werden eher zur Bank gehen, wenn sie die Konditionen zwischen den Anbietern vergleichen. Hervorgehoben wurde auf der Hauptversammlung, dass Creditshelf schneller als Banken reagieren könne und sich in einer attraktiven Marktnische bewege.

Ermutigende Worte in einer damals schon schwierigen Situation. Zur Erinnerung: Ein Investor war wegen der Sanktionen mit Russland ausgefallen, der Nachfolger leistete zugesagte Zahlungen nicht. Und wie ohne Geld eine Kreditvergabe gelingen sollte, blieb fraglich.

Ein Blick in den Geschäftsbericht von Creditshelf

Die Insolvenz von Creditshelf zeigt, wie wenig hoffnungsvolle Worte helfen. Dies gilt nicht nur für die Rede des Vorstands auf der Hauptversammlung, sondern auch für die Formulierungen im Geschäftsbericht. Im Prognosebericht macht Creditshelf folgende Angaben:

„Der Vorstand geht davon aus, dass creditshelfs Ziel- und Bestandskunden wesentlichen Liquiditätsbedarf zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen sowie zum Ausgleich von Lieferkettenschwierigkeiten und Energiepreiserhöhungen haben werden und Banken die entstehende Kreditnachfrage aufgrund restriktiver Kreditvergabestandards und Bilanzrestriktionen nicht umfänglich bedienen können. In der Folge strebt creditshelf ein Umsatzwachstum im deutlich zweistelligen Prozentbereich an.“ (Geschäftsbericht Creditshelf AG 2022, S. 57)

Ein kurzes Fazit

Ob ein- oder zweistellige Wachstumsraten: Ohne Moos nix los. Der Fall Creditshelf zeigt deutlich: Die Definition von Kennzahlen sollte kritisch hinterfragt werden. Denn entscheidend ist letztlich, was davon als Umsatz tatsächlich Liquidität in die Kasse des Unternehmens spült.

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