Sieg beim Verfassungsgericht – trotzdem Kostentragung des BFH-Prozesses

Es gibt immer wieder Urteile, die zwar wohl Recht und Gesetz entsprechen, bei denen das gesunde Rechtsempfinden aber dennoch gestört ist. Dazu gehört meines Erachtens das aktuelle Urteil des BFH vom 16.5.2018 (II R 16/13), in dem es heißt: „Der Kläger, dessen Revision zurückgewiesen wird, hat die Kosten des Revisionsverfahrens auch zu tragen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt auf Vorschriften beruht, die zwar verfassungswidrig sind, deren Anwendung im Streitfall aber aufgrund einer entsprechenden Anordnung des BVerfG zulässig ist.“

In dem ursprünglich zugrundeliegenden Verfahren ging es um einen Immobilienbesitzer, der sich gegen die Höhe des Einheitswerts gewandt hatte. Bekanntermaßen hat das BVerfG die bisherige Feststellung der Einheitswerte zwar rückwirkend für verfassungswidrig erklärt, aber zugleich deren weitere Anwendung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zugelassen.

Trotz dieses „im Prinzip Obsiegens“ (wenn man es denn so nennen will) lief die vom Kläger begehrte Anordnung, dass dem Finanzamt die ihm für das Verfahren vor dem BVerfG entstandenen Auslagen auferlegt werden, zumindest beim BFH ins Leere.

Die volle oder teilweise Erstattung der Auslagen im Verfahren vor dem BVerfG könne nach § 34a Abs. 3 BVerfGG nur von diesem Gericht und damit nicht vom BFH im Rahmen des Revisionsverfahrens angeordnet werden. § 34a Abs. 3 BVerfGG benennt als anordnungsbefugtes Gericht ausschließlich das BVerfG.

Bei allem Respekt für die Entscheidung: Warum hat sich der II. Senat eigentlich nicht mit der BFH-Entscheidung vom 18.8.2005 (VI R 123/94, BStBl 2006 II S. 39) befasst, auf die mein Blogger-Kollege Schneider bereits kürzlich hingewiesen hatte? Dort heißt es: „Hat ein Steuerpflichtiger nach einer Entscheidung des BVerfG für die Vergangenheit einen verfassungswidrigen Rechtszustand hinzunehmen und wird deshalb ein Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, dem FA die Verfahrenskosten auch insoweit aufzuerlegen, als der Steuerpflichtige bezüglich des verfassungswidrigen Sonderopfers nicht hat obsiegen können.“

Lesen Sie hierzu auch den Beitrag von Hans-Peter Schneider:
Gerichtskosten bei verfassungsrechtlichen Streitigkeiten (www.nwb-experten-blog.de)

Weitere Informationen:
BFH v. 16.05.2018 – II R 16/13
BFH v. 18.08.2005 – VI R 123/94

 

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