Sollbesteuerung: BFH folgt dem EuGH bei Vermittlungsleistungen

Der BFH hatte im Jahre 2017 Zweifel an der uneingeschränkten Pflicht zur Sollversteuerung angemeldet und durch Beschluss vom 21.6.2017 (V R 51/16) ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet. Dieser hatte dazu mit seinem Urteil vom 29.11.2018 (C‑548/17) Stellung genommen und entschieden, dass keine Pflicht zur uneingeschränkten Sollbesteuerung besteht. Bei einer Vermittlungsleistung, die ratenweise vergütet wird, sei davon auszugehen, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch nicht zum Zeitpunkt der Vermittlung, sondern erst mit Ablauf des Zeitraums eintreten, auf den sich die Zahlungen beziehen. Der BFH hat „sein“ Verfahren nun wieder aufgenommen und im Sinne des EuGH entschieden (BFH-Urteil vom 26.6.2019, V R 8/19 (V R 51/16), NWB OAAAH-28211).

Der Fall

Es geht um eine Klägerin, die im bezahlten Fußball als Spielervermittlerin tätig war. Sie unterlag der Sollbesteuerung. Bei der Vermittlung von Profifußballspielern erhielt sie Provisionszahlungen von den aufnehmenden Fußballvereinen. Der Vergütungsanspruch für die Vermittlung setzte dem Grunde nach voraus, dass der Spieler beim neuen Verein einen Arbeitsvertrag unterschrieb und die DFL-GmbH als Lizenzgeber dem Spieler eine Spielerlaubnis erteilte. Die Provisionszahlungen waren in Raten verteilt auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages zu leisten, wobei die Fälligkeit und das Bestehen der einzelnen Ratenansprüche unter der Bedingung des Fortbestehens des Arbeitsvertrages zwischen Verein und Spieler standen. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin ihre im Streitjahr 2012 erbrachten Vermittlungsleistungen auch insoweit bereits in 2012 zu versteuern habe, als sie Entgeltbestandteile für die Vermittlungen vertragsgemäß erst im Jahr 2015 beanspruchen konnte. Der BFH bezweifelte, ob dies mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Auf seine Vorlage sollte der EuGH insbesondere entscheiden, ob der Steuerpflichtige verpflichtet ist, die für die Leistung geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung für seine Leistung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehung des Steuertatbestands erhalten kann. Der EuGH hat die Bedenken des BFH im Urteilsfall bestätigt.

Der BFH seinerseits führt nun aus: Die Klägerin muss die Entgelte, die sie erst nach Ablauf des Streitjahres für die im Streitjahr erbrachten Vermittlungsleistungen vereinnahmt hat, nicht bereits im Streitjahr, sondern erst mit der Vereinnahmung versteuern. Sie kann sich auf eine unmittelbare Anwendung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL berufen, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG ist insoweit nicht unionsrechtskonform. Für die zahlungs- und damit vereinnahmungsbezogene Steuerentstehung kommt es – anders als bei Teilleistungen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG – nicht auf eine wirtschaftlich teilbare Leistung an.

Hinweise

Die Fachwelt hatte sich sowohl vom EuGH als auch vom BFH erhofft, weitere Ausführungen zur Sollbesteuerung, insbesondere zu Raten- und Leasinggeschäften, zu erhalten. Doch beide Gerichte haben die Hoffnung der Fachwelt enttäuscht. Der BFH überschreibt sein Urteil mit „Steuerentstehung bei ratenweise vergüteten Vermittlungsleistungen“ und lässt damit im Prinzip erkennen, dass er dieses nicht über den speziellen Fall der Vermittlungsleistungen hinaus angewandt wissen wird. Damit wird es in Zukunft sicherlich zu weiteren Streitfällen kommen.

Weitere Informationen:


Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:

Ebber, Ist- und Sollbesteuerung, infocenter, NWB IAAAB-14438
(für Abonnenten der jeweiligen NWB Pakete kostenfrei)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

78 − = 74