Die sog. Staatsquote ist nach der aktuellen Haushaltsstatistik von Ende April 2025 im letzten Jahr 49,5 Prozent auf einen neuen Höchstwert gestiegen, die Abgabenquote nach Steuern und Sozialabgaben betrug im Januar 2025 durchschnittlich schon 42,3 Prozent des Bruttolohns, ab Januar 2026 droht eine weitere Anhebung des Zusatzbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Wann kommt endlich die Trendwende?
Hintergrund
Der frühere Höchstwert der hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragenden Sozialausgaben betrug 1997 und 1998 rund 42,1 Prozent, die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge hatten die Kosten in die Höhe getrieben. Diesmal ist Ursache des hohen Abgabenanstiegs der Anstieg des Zusatzbeitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung – ich habe zu Jahresanfang im Blog berichtet.
Der Zusatzbeitrag in der KV stieg zum Jahreswechsel 2025 durchschnittlich auf 2,9 Prozent, obwohl von der Bundesregierung nur ein Anstieg auf maximal 2,5 Prozent prognostiziert wurde. Ursache des Beitragsanstiegs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind die dramatisch angestiegenen Leistungsausgaben, die das Defizit der GKV-Kassen von 775 Mio. Euro auf 2,16 Mrd. Euro im 1. Halbjahr 2024 anwachsen ließ. Der Krankenkassenbeitrag rückt mit etwa 17,5 Prozent inzwischen an den gesetzlichen Rentenversicherungsbeitrag (18,6 Prozent) heran. Bei einem nur die Inflationsrate ausgleichenden Lohnzuwachs bedeutet dies, dass die Nettolöhne in Deutschland insgesamt sinken.
Was sieht der Koalitionsvertrag vor?
Im Koalitionsvertrag 2025 (Z. 3348 ff.) heißt es zum Kostenanstieg in der GKV: „Ziel ist es, die Finanzsituation zu stabilisieren und eine weitere Belastung für die Beitragszahlerinnen und -zahler zu vermeiden. Hierzu setzen wir auf ein Gesamtpaket aus strukturellen Anpassungen und kurzfristigen Maßnahmen. Ziel ist es, die seit Jahren steigende Ausgabendynamik zu stoppen und die strukturelle Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen zu schließen. Wir wollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auch langfristig stabilisieren…“
Hierfür wartet die Koalition aber auf die Zuarbeit einer Kommission (Z. 3358 ff.): „Für diese Aufgabe werden wir eine Kommission unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern einrichten. Wir wollen, dass die Kommission die gesundheitspolitischen Vorhaben dieses Koalitionsvertrags in der Gesamtwirkung betrachtet und bis zum Frühjahr 2027 Ableitungen trifft und konkrete weitere Maßnahmen vorschlägt.“
Bewertung
Das Gesundheitsministerium hatte unlängst angekündigt, dass 800 Mio. Euro aus dem jährlichen Bundeszuschuss bereits Mitte Mai 2025 zum Auffüllen der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds (als Geldsammel- und Verteilstelle der Krankenkassen) bereitgestellt werden, nachdem das Kassendefizit der GKV 2024 stattliche 6,2 Mrd. Euro betragen hat. Die gesetzlichen Krankenkassen „pfeifen auf dem letzten Loch“.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich die neue Bunderegierung wirklich mit der Problemlösung durch Einrichtung einer Kommission Zeit lassen darf. Denn Tatsache ist bislang, dass die GKV-Versicherten nach wie vor rund 10 Mrd. Euro/Jahr für versicherungsfremde Leistungen finanzieren müssen, die eigentlich aus Steuermittelmitteln bezahlt werden müssten.
Wenn sich das nicht kurzfristig durch Regierungshandeln ändert, wird eine weitere Anhebung des Zusatzbeitrag in der GKV ab 2026 unvermeidbar – auf dem Rücken der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den KV-Beitrag hälftig zahlen. Das betrifft dann vor allem Einkommensbezieher mit geringerem Einkommen. Denn im Unterschied zur Lohnsteuer, die Grundfreibeträge und über die Progression höhere Einkommen stärker belastet als niedrige Einkommen, gibt es bei den Sozialabgaben bislang weder Freibeträge für Einkommensschwache noch eine soziale Tarifstaffelung: Der volle Beitrag zur KV wir ab dem ersten bis zum letzten Euro fällig.
So betrachtet wäre ein weiteres Zuwarten der Bundesregierung ein neuerlicher Raubzug vor allem in den Taschen der Versicherten. Finger weg!
Weitere Informationen
- Verantwortung für Deutschland – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
- Zusatzbeitrag 2025 der gesetzlichen Krankenkassen (krankenkassen.net)
- GKV-Finanzen: Weiter „Augen zu und durch“ ist keine Option – GKV-Spitzenverband
- Verordnung zur Anpassung des Beitragssatzes in der sozialen Pflegeversicherung 2025 (Pflege-Beitragssatz-Anpassungsverordnung 2025 -… – dejure.org
Ein Beitrag von:
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- Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg
- Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt
- Honorarprofessor an der Universität Würzburg
Warum blogge ich hier?
Mein erster Blog bietet die Möglichkeit, das Thema der Pflicht der „Pflichtmitgliedschaft in Kammern“ „anzustoßen“ und in die Diskussion zu bringen. Bei genauem Hinsehen sichert der „Kammerzwang“ nämlich Freiheitsrechte durch die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen Partizipation.