Steuermodell „Fahrzeugwerbung“: Es drohen Haftungsgefahren für den Arbeitgeber

Bringt der Arbeitnehmer einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers an seinem privaten Pkw an und erhält er dafür von seinem Arbeitgeber eine Vergütung, so handelt es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 EStG. Diese sind steuerfrei, wenn sie weniger als 256 Euro im Jahr betragen. Soviel zur Theorie bezüglich eines seit Jahren praktizierten Steuersparmodells. Wie so häufig ist aber auch die Gestaltung „Zuschuss für eine Fahrzeugwerbung“ zu sehr auf die Spitze getrieben worden. Allzu viele Arbeitgeber haben ihren Arbeitnehmern 255 Euro lediglich dafür bezahlt, dass sie die Halterung für das Kfz-Kennzeichen mit einer Werbung für ihre Firma versehen haben. Man musste schon ein großer Optimist sein, um zu glauben, dass dies nicht den Argwohn der Finanzverwaltung erregen würde. Und so kam es wie es kommen musste.

Soeben hat das FG Münster entschieden, dass ein Entgelt, das der Arbeitgeber an seine Mitarbeiter für die Anbringung eines mit Werbung versehenen Kennzeichenhalters zahlt, der Lohnsteuer unterliegt (FG Münster, Urteil vom 3.12.2019, 1 K 3320/18 L).

Der Sachverhalt: Der Arbeitgeber schloss mit einer Vielzahl von Mitarbeitern Mietverträge über Werbeflächen an deren privaten Fahrzeugen ab, in denen sich die betreffenden Mitarbeiter zur Anbringung von Kennzeichenhaltern mit der Firmenwerbung des Arbeitgebers gegen ein Entgelt in Höhe von 255 EUR im Jahr verpflichteten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass diese Vergütung Arbeitslohn darstelle und nahm den Arbeitgeber für die Lohnsteuernachzahlung in Haftung. Mit seiner hiergegen erhobenen Klage machte er geltend, dass die Anmietung der Werbefläche in Form der Kennzeichenhalter in seinem eigenbetrieblichen Interesse erfolgt sei und es sich deshalb bei dem hierfür gezahlten Entgelt nicht um Arbeitslohn handele. Die Richter haben die Klage abgewiesen. Die Zahlungen für die Anbringung der Kennzeichenhalter mit Firmenwerbung stellten Arbeitslohn dar.

Die Begründung des FG: Bei Würdigung der Gesamtumstände sei das auslösende Moment für die Zahlungen die Stellung der Vertragspartner als Arbeitnehmer und damit im weitesten Sinne deren Arbeitstätigkeit gewesen. Die betriebsfunktionale Zielsetzung, Werbung zu betreiben, habe nicht eindeutig im Vordergrund gestanden. Letztes hätte nur dann angenommen werden können, wenn durch eine konkrete Vertragsgestaltung die Förderung des Werbeeffekts sichergestellt worden wäre. Die vom Arbeitgeber geschlossenen Verträge hätten aber insbesondere keinerlei Vorgaben enthalten, um einen werbewirksamen Einsatz des jeweiligen Fahrzeugs sicherzustellen. Auch eine Regelung dazu, ob an dem Fahrzeug noch Werbung für andere Firmen angebracht werden durfte oder eine Exklusivität geschuldet war, sei nicht getroffen worden.

Das Urteil liegt auf einer Linie mit einer Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 23.11.2016 (2 K 1180/16). Dieser Fall ist zwar vor den BFH gegangen, allerdings ist die Frage, ob eine Vergütung für einen Werbeaufkleber Arbeitslohn darstellt, im Revisionsverfahren ausgeklammert worden (BFH-Urteil vom 1.8.2019, VI R 21/17). Ich kann leider nicht erkennen, ob in diesem Punkt der Arbeitgeber oder die Finanzverwaltung einen Rückzieher gemacht hat.

Im aktuellen Fall ist ebenfalls die Revision zugelassen worden. Ein Az. beim BFH ist zwar noch nicht bekannt, dennoch sollte in Streitfällen Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Bestehende Verträge bzw. Gestaltungen hingegen sollten überprüft werden. Das heißt: Statt einer reinen Kennzeichenhalterung sollte ein großformatiger Werbeaufkleber angebracht werden, der eindeutig auf das Unternehmen schließen lässt und den ein fremder Dritter auch tatsächlich als Werbung wahrnehmen würde. Auch sollte der Betrag nach meinem Dafürhalten nicht jährlich erneut gezahlt werden, sondern immer nur dann, wenn sich der Aufkleber/Werbeausdruck ändert oder aber das Fahrzeug gewechselt wird. Zudem ist eine „konkrete Vertragsgestaltung“, wie sie das FG Münster fordert, angebracht.

Übrigens scheitert das Modell vielfach auch aus anderen Gründen, z.B. bei „Gehaltserhöhungen mit Rückfallklauseln“. Jedenfalls werden die Modelle – soweit ich es überblicken kann – in zahlreichen Lohnsteuer-Außenprüfungen aufgegriffen und die Haftungsgefahr für den Arbeitgeber ist zumindest dann groß, wenn er viele Arbeitnehmer mit Kfz-Halterungen ausgerüstet und dafür jeweils 255 EUR gezahlt hat.

Weitere Informationen:

FG Münster, Urteil vom 3.12.2019, 1 K 3320/18 L (www.nrwe.de/justiz-online)

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