Stirbt die Bilanz aus?

Die Bilanz verliert zunehmend an Bedeutung. Zu Zeiten, als Unternehmen ihr Vermögen in Maschinen investiert hatten, war dies noch anders. Damals konnte man aus der Bilanz herauslesen, welches Vermögen ein Unternehmen hatte.

Heutzutage hat das immaterielle Vermögen für viele Unternehmen eine zunehmende Bedeutung. Dieses Vermögen findet sich oft jedoch nicht in der Bilanz wieder: Entweder gibt es explizite Aktivierungsverbote im HGB oder das bestehende Aktivierungswahlrecht für Entwicklungskosten selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte wird nicht in Anspruch genommen. Dadurch verliert die Bilanz an Aussagekraft.

Stellen wir uns beispielsweise ein Unternehmen vor, dass folgende Merkmale aufweist:

  • Das Unternehmen erbringt IT-Dienstleistungen für seine Kunden.
  • Für die Dienstleistungen werden keine besonderen Lizenzen für Software benötigt.
  • Das Bürogebäude, der Fuhrpark sowie die Büroausstattung sind geleast.

Bei diesem Unternehmen wird in der Bilanz kaum Vermögen ausgewiesen:

  • Geleaste Gegenstände werden beim Eigentümer aktiviert.
  • Aufgrund der angebotenen Dienstleistungen ist der Wert des Unternehmens das Knowhow der Mitarbeiter. Dieses Humankapital findet sich mangels Verfügbarkeit des Unternehmens über die Ressource nicht in der Bilanz.
  • Lediglich der Kassenbestand und das Bankkonto werden im Umlaufvermögen ausgewiesen.

Sie stellen sich nun sicherlich die Frage: Woher beziehe ich dann Informationen über das Unternehmen, wenn die Bilanz nichts mehr aussagt? Möglich wäre, dass die Kapitalflussrechnung an Bedeutung gewinnt und die Bilanz im Jahresabschluss weiter nach hinten rückt.

In der Kapitalflussrechnung wird ausgewiesen, welche Zu- und Abflüsse die Unternehmen an liquiden Mittel haben. Im Gegensatz zur Gewinn- und Verlustrechnung kann die Kapitalflussrechnung durch Bilanzpolitik kaum beeinflusst werden. Wenn also ein Unternehmen kaum Vermögen in der Bilanz ausweist, zeigt die Kapitalflussrechnung, welche Summen dem Unternehmen jährlich zufließen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Bedeutung der Bilanz und der Kapitalflussrechnung entwickeln wird. Vielleicht lebt die Totgesagte doch länger als vermutet.

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