Neue verschärfte Regeln für elektronische Marktplatzbetreiber im Umsatzsteuerrecht (Teil 2)

Die mit dem Jahressteuergesetz 2020 anvisierten Verschärfungen und Modifizierungen der Regelungen zur Marktplatzhaftung führen dazu, dass unter bestimmten Umständen ein Reihengeschäft zwischen dem Schnittstellenbetreiber, dem Online-Händler und dem Endkunden gesetzlich fingiert wird. Während in Teil 1 die Neuerungen ausführlich dargestellt wurden, geht Teil 2 nunmehr auf die daraus resultierenden Konsequenzen ein.

Hintergrund

Für die Betreiber elektronischer Marktplätze sowie die entsprechenden Online-Händler hält das Jahressteuergesetz umfassende Neuerungen bereit: In einem neuen § 3 Abs. 3a UStG-E wird für bestimmte Fälle eine sog. Leistungskommission fingiert, wodurch der Schnittstellenbetreiber so behandelt wird, als hätte er den Gegenstand für sein eigenes Unternehmen erworben und geliefert. Dadurch entsteht ein (fingiertes) Reihengeschäft zwischen Onlinehändler, dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und Endkunde; mit der Folge, dass der elektronische Schnittstellenbetreiber die Steuer schuldet.

Die neue Leistungskommission soll fingiert werden, wenn

  • ein Schnittstellenbetreiber Lieferungen eines Gegenstands unterstützt, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer (§ 3 Abs. 3a Satz 1 UStG-E).

Liefert beispielsweise ein russischer Unternehmer Gegenstände aus einem in der Europäischen Union liegenden Lager an einen deutschen Privatkunden, so kommt es zur Reihengeschäftsfiktion.

Ebenso kommt es zur Fiktion, wenn

  • ein Schnittstellenbetreiber den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro (§ 3 Abs. 3a Satz 2 UStG-E) an einen Erwerber in einem EU-Mitgliedstaat unterstützt.

Verkauft beispielsweise ein russischer Unternehmer über einen deutschen Online-Marktplatz Gegenstände im Wert von höchstens 150 Euro an einen deutschen Privatkunden und versendet diese aus Russland heraus, so kommt es ebenfalls zur Fiktion.

Grundsätzlich sollten die Regelungen zum 01.01.2020 in Kraft treten. Da die Regelungen jedoch Bestandteil des Digitalpakets auf EU-Ebene sind und dieses auf Vorschlag der Europäischen Kommission Corona-bedingt verschoben wurde, werden die Neuregelungen zum 01.07.2021 umgesetzt.

Schnittstellenbetreiber sollten Prozesse nunmehr überprüfen

Bereits im Jahre 2019 waren Online-Marktplätze mit großen Herausforderungen konfrontiert, damit sie den damals eingeführten Vorschriften zur Marktplatzhaftung und den entsprechenden Aufzeichnungspflichten gerecht werden konnten. Ein umfassendes BMF-Schreiben (v. 28.01.2019, III C 5 – S 7420/19/10002 :002) unterstützte dabei und nahm Stellung zu den einzelnen Rechtsfolgen.

Nunmehr sind die Betreiber elektronischer Marktplätze erneut dazu aufgerufen, Anpassungen vorzunehmen und die geplanten Gesetzesvorgaben im Auge zu behalten. Betreiber von elektronischen Markplätzen sollten daher zeitnah ihre Prozesse auf die geplante Neuregelung hin überprüfen und etwaig anpassen. Insbesondere gilt es detailliert zu analysieren, ob man in ein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a UStG-E einbezogen ist. Dazu muss stets unterschieden werden zwischen der Lieferung des Schnittstellenbetreibers an den Endkunden einerseits und jener des Online-Händlers an den Schnittstellenbetreiber andererseits. Ferner gilt es abzuklären, ob die Lieferung innerhalb der EU oder aber aus dem Drittland erfolgt, da die Fiktion nur auf bestimmte Sachverhalte beschränkt ist. Die Betreiber elektronischer Schnittstellen schulden in diesen Fällen die Steuer. Entsprechend sollten die jeweiligen Buchhaltungssysteme einer Anpassung unterzogen werden. Gleichzeitig gilt es, die neuen, modifizierten Vorschriften zur Aufzeichnung zu kennen und umzusetzen. Da ein Verstoß als eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 AO beurteilt werden kann, sollte diesen gesetzeskonform nachgekommen werden.

Lesen Sie hierzu auch Teil 1