Tarifbegünstigung für eine „Sprinterprämie“ – Schwenk der Rechtsprechung

In Zeiten der olympischen Spiele klingt das Wort „Sprinterprämie“ irgendwie nett. Dabei ist mit der Sprinterprämie nun gar kein positiver Vorhang gemeint. Vielmehr geht es um den Verlust des Arbeitsplatzes.

Zum Hintergrund: Bekanntermaßen unterliegt eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes der Fünftel-Regelung des § 34 EStG. Regelmäßig gilt dies auch für eine Entschädigung, die im Zuge einer Aufhebungsvereinbarung gezahlt wird. Doch manchmal sind betriebliche Vereinbarungen relativ kompliziert. In einem Fall, den das Hessische FG soeben entschieden hat, ging es um ebenjene Sprinterprämien. Mit einer solchen Prämie soll die Bereitschaft des Arbeitnehmers „vergütet“ werden, noch vor Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Unternehmen auszuscheiden.

Nach Ansicht des Hessischen FG gelten derartige Sprinterprämien gleichermaßen als Entschädigung und unterliegen der Fünftel-Regelung (Gerichtsbescheid vom 31.5.2021, 10 K 1597/20).

Auf den ersten Blick mag das gar nicht so spannend klingen, auf den zweiten Blick muss man aber feststellen, dass das Hessische FG damit

  1. a) von der Auffassung der Kollegen aus Niedersachsen abweicht,
  2. b) von der eigenen bisherigen Auffassung abweicht und
  3. c) das unterlegene Finanzamt gegen die Entscheidung keine Revision eingelegt hat, obwohl diese zugelassen worden ist.

Der Sachverhalt in aller Kürze (weitere Infos in der NWB Online-Nachricht vom 27.07.2021): Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die mit ihrem Arbeitgeber zusätzlich zu einem Vertrag über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit einer Abfindung eine Sprinterklausel vereinbart hatte. Die Klägerin hatte ihr „Sprinterrecht“ ausgeübt und die weitere Abfindung erhalten. Das Finanzamt unterwarf nur die „Hauptabfindung“ der ermäßigten Besteuerung, nicht aber den aufgrund der Ausübung der Sprinterklausel erhaltenen Betrag. Das FG hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Auch der weitere Abfindungsbetrag sei gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und § 24 Nr. 1a EStG ermäßigt zu besteuern, denn auch diese Abfindung finde ihren Rechtsgrund in der Aufhebungsvereinbarung und sei nicht getrennt davon zu betrachten.

Betroffene sollten die neueste Entscheidung aus Hessen ausführlich studieren und sich hierauf im Fall der Fälle berufen.

Weitere Informationen:


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