Trauerredner haben es nicht leicht

Viele Menschen gehören heute zwar keiner Kirche mehr an, möchten aber dennoch, dass bei ihrer Trauerfeier eine Ansprache oder Trauerrede gehalten wird. Gleiches gilt bei Hochzeitsfeiern. Gute Trauerredner erbringen aus meiner Sicht sehr anspruchsvolle Leistungen und zuweilen sind sie durchaus als künstlerisch anzusehen. Finanzverwaltung, Finanzgerichtsbarkeit und Künstlersozialkasse haben allerdings üblicherweise ein ganz anderes Verständnis und versehen die Leistungen von Trauerrednern mit dem abwertenden Hinweis, sie erbrächten reine Gebrauchsreden, bei der es zu schablonenhaften Wiederholungen eines Redegerüsts käme.

In steuerlicher Hinsicht kam etwas Hoffnung auf, nachdem die OFD Frankfurt/M. in einer Verfügung vom 6.3.2018 (S 7240 A-24-St 16) darauf hingewiesen hatte, dass die Tätigkeit eines Trauerredners im Einzelfall doch als “künstlerisch” zu werten sein: Nämlich dann, wenn die Darbietung des Redners von einer eigenschöpferischen Leistung geprägt wird, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt. In diesem Fall darf dann der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent angewandt werden (vgl. Blog-Beitrag „Ermäßigter Steuersatz für die Leistungen eines Trauerredners“).

Die Hoffnung, dass es sich hierbei nicht nur um wenige Einzelfälle handelt, wurde vom BFH allerdings bereits mit Urteil vom 11.7.2018 (XI R 36/17) zunichte gemacht: „Die Umsätze eines Tauf-, Trauer- und Hochzeitredners unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, wenn die vorgelegten Texte – bezogen auf den jeweiligen Anlass – nach gleichem Muster aufgebaut sind, teilweise wörtliche Übereinstimmungen aufweisen und der individuelle Bezug sich lediglich aus den dem Redner mitgeteilten Informationen über den Verstorbenen, das Brautpaar oder den Täufling und seine Eltern ergibt.“

Soeben hat auch das FG Baden-Württemberg in diesem Sinne entschieden (Urteil vom 24.11.2021, 14 K 982/20 / s.u. PM NWB-Nachricht). Die Klägerin meldete nach ihrem theologischen und philosophischen Studium eine selbstständige Tätigkeit als Trauerrednerin, Gestalterin von Hochzeitsfeiern sowie von Begrüßungsfeiern für Neugeborene an. Sie verfasste auch Bücher über Trauerreden und die Trauersprache. In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung 2017 erklärte sie unter anderem Umsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden zum ermäßigten Umsatzsteuersatz im Wesentlichen mit der Begründung, ihre Reden seien kreativ ausgestaltete individuelle Botschaften. Sie gehe bei jedem Anlass nach persönlichen Gesprächen auf die Bedürfnisse und persönlichen Umstände ein. Sie erstelle Redemanuskripte auch mit eigenen Gedichten und Gedanken. Doch Finanzamt und FG waren der Ansicht, dass die Grenze zur künstlerischen Tätigkeit nicht überschritten sei. Den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin bilde nicht die künstlerische Form des Vortrags, sondern sein Gegenstand und Inhalt. Es seien jeweils die besagten Gebrauchsreden. Bei Trauerreden werde über den Verstorbenen berichtet. Gedichte und eine musikalische Begleitung seien üblich. Die Klägerin äußere durchaus tiefsinnige Gedanken zum Leben, Sterben und Abschiednehmen. Doch diese machten die anlassbezogenen Reden nicht zu einer künstlerischen Darbietung.

Übrigens, nur am Rande: Das FG Berlin-Brandenburg hat einen schwarzen Anzug bei einem Trauerredner nicht als Berufskleidung anerkannt. Ein schwarzer Anzug, der sich in keiner Weise von dem unterscheidet, was ein großer Teil der Bevölkerung als festliche Kleidung zu besonderen Anlässen trägt, sei keine typische Berufskleidung. Die Kleidung könne jederzeit zu privaten feierlichen Anlässen verwendet werden. Dies gelte für alle Berufe, daher auch für bestimmte Berufsgruppen wie Trauerredner, Leichenbestatter, katholische Geistliche und Oberkellner (Urteil vom 29.8.2018, 3 K 3278/15, Revision VIII R 33/18). Trauerredner haben es wirklich nicht leicht.

Weitere Informationen:
NWB Online-Nachricht: Umsatzsteuer | Steuersatz auf Umsätze eines Trauer- und Hochzeitsredners

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