Umsatzsteuer auf Abfindung für vorzeitige Auflösung eines Mietvertrags

Einigen sich Vermieter und Mieter im Interesse des Mieters auf die vorzeitige Auflösung eines langfristigen Mietvertrages und wird dafür eine Abfindungszahlung an den Vermieter geleistet, so liegt insoweit ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vor. Je nachdem, ob die vorherige Vermietung umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig erfolgte, ist auch die Abfindung umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig (BFH-Urteil vom 22.05.2019, XI R 20/17).

Sachverhalt

Dem Urteil lag – etwas vereinfacht – folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmenszweck die Entwicklung eines Geländes ist. Sie erwarb im Jahre 2005 entsprechende Grundstücke und vermietete Teile der Liegenschaft umsatzsteuerpflichtig an den bisherigen Eigentümer zurück, und zwar befristet bis zum 31.12.2015. Aufgrund betrieblicher Belange des Mieters wurde die Laufzeit des Mietvertrags später auf den 31.12.2010 verkürzt. Der Mieter zahlte einen dafür vereinbarten Abfindungsbetrag an die Klägerin, die die Abfindungszahlung als nicht steuerbar behandelte. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass die Abfindung steuerbar – und aufgrund der Option zur Umsatzsteuer in Bezug auf die „eigentlichen“ Vermietungsumsätze – auch steuerpflichtig sei. Der entgeltliche Verzicht des Vermieters habe einen umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch begründet. FG und BFH sind der Auffassung des Finanzamts gefolgt.

Urteilsgründe

Die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch liegen vor, wenn ein Vermieter bei vorzeitiger Auflösung eines langfristigen Mietvertrags im Interesse des Mieters auf seine ihm zustehende vertragliche Rechtsposition gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet. Ein steuerbarer Verzicht liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet oder – was den umgekehrten Fall betrifft – die Pächter eine Abfindung vom Verpächter dafür erhalten, dass sie der vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrags zustimmen.

Der Vermietung eines Grundstücks ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gleichzusetzen. Liegt eine steuerbare Verzichtsleistung vor, ist diese zwar von der Umsatzsteuer befreit, soweit sich der Verzicht auf eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung bezieht. Denn die Abfindung, die eine der Vertragsparteien der anderen wegen des vertraglichen Verzichts auf die Rechte aus einem Mietvertrag gezahlt hat, ist nicht zu besteuern, wenn die in Erfüllung des Mietvertrags geleisteten Mietzinszahlungen von der Mehrwertsteuer befreit waren. Die sonstige Leistung ist dagegen steuerpflichtig, wenn eine wirksame Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG vorliegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze erfasst sowohl die Erfüllungsleistungen als auch die Abfindung für die Aufgabe von Rechten aus dem Mietvertrag. Die Abstandszahlung, die der Grundstücksvermieter vom Mieter für seinen Verzicht auf die Mietvertragserfüllung erhält, stellt keinen (nicht steuerbaren) Schadensersatz dar.

Hinweise   

Der Sachverhalt ist von den Fällen abzugrenzen, in denen die vorzeitige Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses auf einer (fristlosen) Kündigung des Vermieters bzw. Verpächters aufgrund eines vertragswidrigen Gebrauchs durch den Mieter bzw. Pächter beruht und der zu leistende Ersatz des Mietausfalls als (echter) Schadensersatz zu behandeln ist. Denn Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen sind grundsätzlich kein Entgelt i.S. des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung (vgl. hierzu BFH 16.01.2014, V R 22/13). Zugegebenermaßen kann die Abgrenzung zwischen Leistungsaustausch und echtem Schadensersatz im Einzelfall aber schwierig sein. Beispielsweise ist beim BFH zu der Problematik noch die Revision gegen das Urteil des FG Münster vom 28.09.2017 anhängig (5 K 1117/16 U EFG 2017, 1834, Rev. BFH V R 47/17).

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