Umsatzsteuer bei Verkauf von Backwaren im Eingangsbereich von Supermärkten

Bäckereifilialen, die in Supermärkte integriert sind, erbringen Leistungen zum vollen Umsatzsteuersatz, soweit sie Backwaren zum Verzehr an Ort und Stelle anbieten und hierfür Mobiliar und Geschirr zur Verfügung gestellt wir (FG Münster, Urteil vom 3.9.2019, 15 K 2553/16 U, NWB XAAAH-32945, Rev. XI R 25/19).

Der Fall

Die Klägerin betrieb insgesamt 84 Konditoreien und Cafés, die sich zum größten Teil in nicht abgetrennten Eingangsbereichen von Lebensmittelmärkten (sog. Vorkassenzonen) befanden. Dabei wurden die Backwaren über den Ladentresen verkauft. Die Kunden konnten zum Verzehr die teilweise mit Tischdecken und Blumenschmuck versehenen Tische nutzen, mussten aber das Geschirr selbst abräumen. Während das beklagte Finanzamt diese Umsätze dem Regelsteuersatz unterwarf, war die Klägerin der Ansicht, dass es sich mangels Kellnerservice und Beratung nicht um Restaurationsumsätze handele. Zudem habe das Mobiliar auch von Besuchern der Supermärkte zum bloßen Verweilen genutzt werden können.

Das Urteil

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG Münster hat die Umsätze nicht als begünstigte Lebensmittellieferungen, sondern als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen behandelt. Die Klägerin habe ihren Kunden nicht nur Backwaren verkauft, sondern zusätzliche Dienstleistungen erbracht, indem sie für den Verzehr teilweise mit Dekoration versehene Tische und Sitzmöglichkeiten sowie Geschirr zur Verfügung gestellt und das Mobiliar und das Geschirr auch gereinigt habe. Hierbei habe es sich nicht um bloß behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen gehandelt. Dabei sind die Richter davon ausgegangen, dass das Mobiliar nach den objektiven Gegebenheiten ausschließlich zur Nutzung durch die Kunden der Bäckereifilialen bestimmt gewesen sei. Dies ergebe sich aus der räumlichen Anordnung in unmittelbarer Nähe der Verkaufstheken, der Farbe des Mobiliars, der vom übrigen Boden abweichenden Bodenfarbe und der entsprechenden Dekoration. Dass nicht in allen Filialen Garderoben und Toiletten vorgehalten wurden und überdies kein Kellnerservice bestanden habe, führe im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht zu einer anderen Beurteilung.

Die Revision wurde zugelassen.

Hinweise

Das Urteil liegt auf einer Linie mit der Entscheidung des FG München vom 26.7.2018 zur Speisenabgabe in einem Biergarten. Danach gilt: Der Inhaber einer Fischbraterei in einem Biergarten erbringt dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen (Restaurationsumsätze), wenn er an Biergartenbesucher gegen Entgelt gegrillte Fische abgibt und er aufgrund von ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarungen mit dem Eigentümer oder Betreiber des Biergartens berechtigt ist, seinen Kunden die Infrastruktur des Biergartens zur Verfügung zu stellen, und dies auch tatsächlich so geschieht (FG München 26.7.2018, 14 K 2036/16, EFG 2018 S. 2070 Nr. 24). Jüngst hat der BFH die gegen das Urteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) abgewiesen, und zwar der – nun für die Revision im Münsteraner Fall – wieder zuständige XI. Senat (Az. XI R 25/19). Anders als im Fall der NZB wird der Senat nun aber dezidierter auf die Argumente der Klägerin eingehen müssen, denn die NZB im „Biergartenfall“ wies wohl nicht die erforderliche tiefgehende Begründung auf, um die Revision zuzulassen (BFH-Beschluss vom 13.3.2019, XI B 89/18, NWB GAAAH-16593).

Auf den ersten Blick scheinen die Sichtweise der beiden Finanzgerichte sowie des XI. Senats des BFH durchaus konsequent zu sein, denn in der Tat sind jeweils Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben worden und zudem lagen auch weitergehende Dienstleistungen vor. Es bleibt aber dabei, dass das Mobiliar nicht im Eigentum des Gastronomen bzw. der Bäckerei stand und der V. Senat des BFH in seinem „berühmten“ Breznläufer-Urteil (BFH-Urteil vom 3.8.2017, V R 15/17) wesentlich auf das Mitbenutzungsrecht bzw. auf die Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit an den Verzehrvorrichtungen abgestellt hat. Und dies kann im Fall der „Vorkassenzonen“, die eben nicht nur gastronomisch genutzt werden, durchaus ähnlich gesehen werden. Insofern ist es schade, dass der aktuelle Fall nicht beim V. Senat des BFH „gelandet“ ist.

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