Umsatzsteuer – Erleichterungen für Privatlehrer in Sicht?

Wer § 4 Nr. 21 UStG liest, in dem es um die Steuerbefreiung von Bildungseinrichtungen und von Referenten (Privatlehrern) geht, dem kann fast schwindelig werden. Neben einigen anderen Voraussetzungen ist für die Steuerfreiheit wichtig, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet wird. Zu Deutsch: Üblicherweise muss die Bezirksregierung bescheinigen, dass eine begünstigte „Bildungseinrichtung“ vorliegt.

Gilt der Privatlehrer nicht selbst als Bildungseinrichtung, sondern wird er nur „für“ eine solche tätig, benötigt zunächst die Bildungseinrichtung die entsprechende Bescheinigung und muss dann zusätzlich dem Referenten bestätigen, dass sie eine Bildungseinrichtung ist (vgl. dazu Abschnitt 4.21.3 Abs. 3 UStAE).

Alles klar? Wer sich mit diesem Wahnsinn näher befassen möchte, dem sei die Lektüre des BFH-Beschlusses vom 27.7.2021 (V R 39/20, BStBl 2021 II S. 964) empfohlen. Wie dem auch sei: Mit dem Erfordernis, eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorlegen zu müssen, könnte bald Schluss sein. Der Einfachheit halber zitiere ich aus einer Pressemitteilung der EU-Kommission vom 7.2.2024:

„Nach der MwStSystRL sind die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der Mehrwertsteuer zu befreien. Die Mitgliedstaaten dürfen nur weitere Bedingungen stellen, um eine korrekte und einfache Anwendung dieser Befreiung zu gewährleisten und Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch zu verhindern. Dies muss so erfolgen, dass Steuerpflichtige, die ein Recht auf eine Mehrwertsteuerbefreiung haben, diese auch wirksam in Anspruch nehmen können. In Deutschland müssen Privatlehrer aber eine Bescheinigung vorlegen, um in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung zu kommen. Aus dieser von der zuständigen Landesbehörde auszustellenden Bescheinigung muss hervorgehen, dass die Unterrichtsleistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten.“

Dieses Erfordernis steht nach Ansicht der EU-Kommission nicht im Einklang mit dem EU-Recht in der Auslegung durch den EuGH. Somit verstoße Deutschland nach Auffassung der Kommission gegen seine Verpflichtungen aus der MwStSystRL. Daher hat die Kommission beschlossen, eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Deutschland zu richten, das nun binnen zwei Monaten reagieren und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss. Anderenfalls kann die Kommission den EuGH anrufen.

Denkanstoß:

Ich kann natürlich nicht beurteilen, wie das Verfahren ausgehen wird und wann überhaupt mit einer endgültigen Entscheidung der EU-Kommission oder des EuGH zu rechnen ist. Auch hat nicht jeder Privatlehrer überhaupt ein Interesse an der Steuerfreiheit. Wer aber von der Steuerfreiheit profitieren kann, sollte seine Umsatzsteuer-Festsetzungen offenhalten.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich müssen die Leistungen dem Grunde nach befreit sein können. Nicht jeder Privatunterricht ist per se steuerbefreit, wie das jahrelange Gerangel um die (Nicht-)Befreiung von Schwimmunterricht und Fahrschulunterricht gezeigt hat (vgl. EuGH-Urteile vom 21.10.2021, Rs. C-373/19, und vom 14.3.2019, Rs. C-449/17; BFH-Urteil vom 23.5.2019, V R 7/19 (V R 38/16)).

 

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