Untersuchungsausschuss zum Bilanzskandal Wirecard – wie Wirecard als Game-Changer genutzt werden kann

Der Antrag für einen Untersuchungsausschuss zur Causa Wirecard liegt seit dem 9. September vor. Wie die Pressemeldungen seit dem 18. Juni 2020 gezeigt haben, werden dem ehemaligen DAX-Konzern nicht nur Bilanzmanipulationen in erheblichem Ausmaß vorgeworfen, sondern auch Geldwäsche. Das sind jedoch nur zwei Beispiele, die den Fall zum größten Bilanzskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte machen.

Damit hat Bayern nun den ersten Platz der Bilanzfälscher. Bisher war Baden-Württemberg mit dem Bilanzskandal rund um das badische Unternehmen Flowtex führend. Der aktuellere Fall der Hess AG aus Villingen-Schwenningen ist durch Wirecard deutlich weniger interessant.

Gründe für einen Untersuchungsausschuss

Gegen Wirecard gab es nicht nur zahlreiche Anzeigen. Auch die Bundeskanzlerin hat bei ihrer Asien-Reise ein gutes Wort für den Zahlungsdienstleister eingelegt, als bereits zahlreiche Vorwürfe offiziell bekannt waren. Daneben glänzten weder die BaFin noch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung. Einen Orden haben die Journalisten verdient, die jahrelang kritisch über Wirecard berichtet haben. Sie wurden nicht nur mit Strafanzeigen konfrontiert, sondern es gab sogar einen Verdacht auf illegale Beschattung von Journalisten durch Wirecard.

Jegliche Kontrollinstanzen haben bei Wirecard versagt. Offenbar hatte auch kaum jemand daran geglaubt. Der Aufstieg des Konzerns war nur leider zu schön, um wahr zu sein. Die veröffentlichten Geschäftsberichte können einen jedoch nur stutzig machen, wenn diese gelesen werden. Sicherlich hat die Untätigkeit jeglicher Instanzen auch dafür gesorgt, dass viele Anleger glaubten, dass bei Wirecard „alles im grünen Bereich“ ist.

Wie Wirecard als Game-Changer genutzt werden kann

In jeder Krise steckt auch eine Chance. Wie sagte einst John F. Kennedy? „Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen. Das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“ Der größte Bilanzskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte sollte genutzt werden, um Reformen anzustoßen. Doch damit diese gelingen können, bedarf es einer umfangreichen Untersuchung, was denn so alles schiefgelaufen ist.

So muss nicht nur die Bilanzaufsicht durch staatliche Instanzen verbessert werden. Institutionen gibt es hier ausreichend, nur sind die Zuständigkeiten und die Strukturen teilweise nicht zielführend festgelegt worden. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung wurde 2005 gegründet, um genau solche Skandale zu verhindern. Als privater Verein sollte eine künftige Bilanzpolizei jedoch keinesfalls mehr agieren. Auch bei der BaFin und der APAS, einer noch jüngeren Instanz, sollte Wirecard zu Reformen führen. Allein das Austauschen von Verantwortlichen löst bestehende Probleme nicht.

Auch bei der derzeitigen Form der Wirtschaftsprüfung bedarf es dringender Reformen. Zunächst sollten hier jedoch mögliche Lösungsvorschläge kritisch hinterfragt werden. Auch kann es nicht schaden, über den Tellerrand zu blicken, um zu sehen, wie die geltenden Regelungen in anderen Staaten sind. Nicht jede Erfahrung muss man selbst machen. Was bei der Reform besonders ausgelotet werden muss: Die Interessen der Branche der Wirtschaftsprüfer. Denn eine Reform darf nicht dazu führen, dass sich der Prüfermarkt immer weiter konzentriert und kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom Markt verschwinden.

Mit meinem jugendlichen Leichtsinn würde ich mir wünschen, diese Reformen könnten künftig Bilanzskandale verhindern. Doch wie meine Gespräche in den letzten Wochen gezeigt haben: Der nächste Bilanzskandal ist bereits im Anmarsch. Wenigstens den Anreiz für Bilanzmanipulationen zu verringern und die Aufdeckung zu beschleunigen. Dies lässt sich mit einigen Reformen vielleicht umsetzen.

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