Update: Verlängerung der Steuerberater-Steuererklärungsfrist für VZ 2019 im Bundestag

Am 14.1.2021 hat sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf zur Verlängerung der Steuererklärungsfrist für VZ 2019 befasst, werden diese durch einen Steuerberater erfolgt. Was bedeutet die beabsichtigte Änderung aber für die Verzinsung von Steueransprüchen?

Hintergrund

Die Steuererklärung für 2019 musste also eigentlich bis zum 31.7.2020 beim Finanzamt eingegangen sein, sofern nicht die Abgabefrist auf Antrag zur Vermeidung eines Verspätungszuschlags verlängert wurde. Wer die Steuererklärung nicht selbst macht, sondern Hilfe von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein in Anspruch nimmt, hat noch länger Zeit für die Abgabe: Bis zum 28.2. des übernächsten Jahres. Bedeutet eigentlich: Die Steuererklärung für das Jahr 2019 muss dann also erst am 28.2.2021 beim Finanzamt sein. Wegen der besonderen, coronabedingten Belastungssituation der steuerberatenden Berufe hat das BMF reagiert und die Abgabefrist bei der Steuererklärung für 2019 über den 28./29.2. hinaus bis 31.3.2021 verlängert (BMF, Schreiben v. 21.12.2020 – IV A 3 – S 0261/20/10001 :010), wenn der Steuerpflichtige die Erklärung nicht selbst fertigt. Außerdem wurden die Stundungsmöglichkeiten verlängert. Nach dem gegen die zu kurze Frist gerichtete Kritik der steuerberatenden Berufe hat sich die Bundesregierung Ende Dezember auf eine Fristverlängerung für Steuerberater bei der Abgabe der Steuererklärung für 2019 bis 31.8.2021 verständigt – ich habe berichtet.

Wie ist der Stand im Bundestag?

Am 14.1.2021 hat der Bundestag in erster Lesung einen von der Regierungskoalition vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung -EGAO-(BT-Drs. 19/25795) beraten und zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss überwiesen. Die eigentlich mit Ablauf des Monats Februar 2021 endende Steuererklärungsfrist (§ 149 Abs. 3 AO) für Steuerberater für den Besteuerungszeitraum 2019 soll um sechs Monate bis Ende August 2021 verlängert werden, soweit im Einzelfall nicht eine Anordnung nach § 149 Abs. 4 AO ergangen ist. Ebenfalls um sechs Monate soll die regulär fünfzehnmonatige zinsfreie Karenzzeit (§ 233a Abs. 2 S. 1 AO) – ausnahmsweise – für den Besteuerungszeitraum 2019 verlängert werden. Beides soll ohne Antrag nach § 109 Abs. 2 AO gelten. Das Gesetz soll in der Weise erfolgen, dass Art.97 EGAO ein neuer § 36 angefügt wird.

Auswirkungen auf die Verzinsung von Steueransprüchen

Die vorgeschlagene Änderung des § 233a AO bedeutet: Der Zinslauf für den VZ 2019 soll hiernach nicht am 1.4.2021, sondern erst am 1.10.2021 beginnen. Das soll für Erstattungszinsen gleichermaßen gelten wie für Nachzahlungszinsen – so die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/25795, S. 4). Der Zinslauf beginnt nach geltendem Recht (§ 233a Abs.2 AO) 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist (für VZ 2019 also ab 1.4.2021). Er beginnt nach § 233a Abs. 2 S. 2 AO für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen (für VZ 2019 also ab 1.1.2022). Für diese letztgenannte Gruppe mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bleibt es nach dem Entwurf bei dem regelmäßigen Zinslauf nach dem 23. Monat; eine Erklärung hierfür bleibt der Gesetzentwurf schuldig. Interessanter aber noch sind die Auswirkungen für den „normalen“ Steuerpflichtigen, bei dem regulär der Zinslauf ab dem 1.4.2021 beginnen würde (§ 233a Abs.2 S. 1 AO):

Von der geplanten Verschiebung des Zinsbeginns ab dem 1.10.2021 profitieren alle Steuerzahler, denen eine Nachzahlung droht: Denn diese Gruppe „spart“ sich jedenfalls für (weitere) sechs Monate Nachzahlungszinsen in Höhe von 0,5 Prozent/Monat, also  sechs Prozent Zinsen/Jahr (§ 238 Abs. 1 S. 1 A0). Das gilt auch bei Anrechnung von Nachzahlungszinsen, wenn Steuern hinterzogen wurden und Hinterziehungszinsen anfallen, auf die Nachzahlungszinsen anzurechnen sind (§ 235 Abs.4 AO).

Einen Nachteil erleiden alle diejenigen Steuerzahler, die für VZ 2019 einen Anspruch auf Steuerrückerstattung haben, der „regulär“ ab 1.4.2021 mit 0,5 Prozent/Monat, also 6 Prozent/Jahr verzinst würde. Diese Gruppe kann nach dem geplanten Verlängerungsgesetz Erstattungszinsen erst ab 1.10.2021 beanspruchen, geht also vorher „leer“ aus. Bei einem Erstattungsanspruch von 10.000 Euro sind 300 Euro Erstattungszinsen, die bei sechsmonatiger Verzögerung „ungestraft“ verlorengehen, kein Pappenstiel. Ist das gerecht, nachdem der Steuerzahler die Corona-Pandemie und ihre Folgen nicht verschuldet hat?

Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/25795, S.6) sieht hierin keine verfassungsrechtlich bedenkliche Rückwirkung: Dies gelte selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger seine Steuererklärung vor Inkrafttreten des jetzt geplanten Gesetzes in Erwartung einer Erstattungsverzinsung ab 1.4.2021 abgegeben habe. „Es besteht nämlich kein schutzwürdiges Vertrauen in den unveränderten Fortbestand geltenden Rechts, insbesondere in der unstreitigen ganz besonderen Corona-Situation.“, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Kann das so bleiben? Zugegeben: Nachzahlungszinsen und Erstattungszinsen sind zwei Seiten derselben Medaille, so betrachtet macht eine andere Zinsregelung als bei den (verlängerten) Nachzahlungszinsen wenig Sinn. Allerdings: Steuerpflichtige sind besser dran, wenn sie mit einem gut begründeten Antrag auf Verlängerung der Steuerklärungsabgabe für 2019 ihre Steuererklärung selbst bei Finanzamt einreichen, wenn sie mit einer Erstattung rechnen. In diesem Fall bleibt es nämlich bei der Regelverzinsung nach § 233a Abs. 1 S.; § 238 Abs.1 S. 1 AO ab dem 1.4.2021 in Höhe von sechs Prozent Zinsen/Jahr – neues Gesetz hin oder her.

Quellen

Ein Kommentar zu “Update: Verlängerung der Steuerberater-Steuererklärungsfrist für VZ 2019 im Bundestag

  1. Guten Tag,
    ist es tatsächlich so, dass für die Gruppe mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bei der bisherigen Zinslaufberechnung bleibt? Ich erkenne dieses nicht im neuen § 233a AO.

    Auch kann ich nicht nachvollziehen, dass Steuerpflichtige besser dran sind, wenn sie mit einem gut begründeten Antrag auf Verlängerung der Steuerklärungsabgabe für 2019 ihre Steuererklärung selbst beim Finanzamt einreichen, wenn sie mit einer Erstattung rechnen.
    Woraus kann das abgeleitet werden?

    MfG Martin

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