Vermietung eines Grundstücks samt Betriebsvorrichtung – was gilt denn nun?

Häufig werden Grundstücke mitsamt Betriebsvorrichtungen vermietet. In umsatzsteuerlicher Hinsicht stellt sich dann die Frage, ob die Vermietung insgesamt umsatzsteuerpflichtig, insgesamt umsatzsteuerfrei oder teils steuerpflichtig (Anteil Betriebsvorrichtung) und – ohne Option – teils steuerfrei (Anteil Grundstück) ist. Die Finanzverwaltung tendiert in den Abschnitten 4.12.10 und 4.12.11 UStAE zur letzten der genannten Möglichkeiten, also zu einem so genannten Aufteilungsgebot.

Schaut man sich die jüngste Rechtsprechung an, geht die Tendenz aber eher in Richtung einheitliche Leistung, die – je nachdem, welcher Teil der Gesamtleistung das Gepräge gibt – komplett umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig ist. Selbst der BFH war sich zuletzt aber nicht mehr sicher und hat den EuGH um Hilfestellung gebeten. Diese ist nun gekommen, und zwar in Form des EuGH-Urteils vom 4.5.2023 (C-516/21/curia.europa.eu).

Naturgemäß sind die Ausführungen des EuGH auch im aktuellen Verfahren eher allgemeiner Natur, doch letztlich tendiert er zur Annahme einer einheitlichen Leistung, so dass das von der deutschen Finanzverwaltung geforderte Aufteilungsgebot bald kippen könnte.

Hier kurz der Sachverhalt:

Der Kläger vermietete im Rahmen eines Pachtvertrags ein Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Nach den Bestimmungen des Pachtvertrags erhielt der Kläger ein einheitliches Entgelt. Er ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung insgesamt umsatzsteuerfrei sei. Das Finanzamt vertrat hingegen die Ansicht, dass die Pacht der Vorrichtungen und Maschinen nicht von der Umsatzsteuer befreit sei und dass das vereinbarte, einheitliche Entgelt, das zu 20 Prozent auf die Maschinen und Vorrichtungen entfalle, insoweit umsatzsteuerpflichtig sei.

Der BFH hat den Fall dem EuGH vorgelegt, dessen wesentliche Aussagen in Kurzform wie folgt lauten: Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass ein Pachtvertrag, der eine Immobilie, die einem Geschäftsbetrieb dient, sowie für diesen Betrieb erforderlichen Sachanlagen und Inventargegenstände zum Gegenstand hat, eine einheitliche Leistung darstellt, wenn die Verpachtung der Immobilie die Hauptleistung ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Leistungen, wie es nahe zu liegen scheint, eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellen.

Denkanstoß:

Der BFH wird das EuGH-Urteil nun umsetzen müssen. Es ist zu hoffen, dass er über den aktuellen Fall hinaus weitere Hinweise gibt, die dann auch in ähnlich gelagerten Fällen für den Rechtsanwender „verwertbar“ sind. Jedenfalls müssen Betroffene die weitere Rechtsentwicklung sorgfältig beobachten und gegebenenfalls kurzfristig reagieren, denn die Folgen können weitreichend sein. Dabei müssen das EuGH-Urteil und seine Folgen nicht immer positiv sein, denn es wird Fälle geben, in denen dem Vermieter der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Betriebsvorrichtungen nun verlorengeht, wenn die Vermietungsleistung als insgesamt umsatzsteuerfrei betrachtet wird und eine Optionsmöglichkeit ausscheidet.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachricht: Umsatzsteuer | Vermietung und Verpachtung eines Gebäudes samt Betriebsvorrichtungen

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