Vorsteuerguthaben: Notfalls muss eine einstweilige Anordnung her

Leider sind betrügerische Umsatzsteuerkarusselle und -ketten trotz aller Bemühungen der deutschen und europäischen Finanzbehörden nach wie vor keine Seltenheit. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Finanzämter Ungemach wittern, wenn sich ein wirtschaftliches Geschehen in ihren Augen als dubios herausstellt, etwa wenn gerade neu gegründete Unternehmen Markenartikel von einem Lieferanten in großer Stückzahl beziehen und dabei Preise „aufgerufen“ werden, die erheblich unter der Konkurrenz liegen.

Doch nicht jedes lukrative Geschäft muss in einen Betrug eingebunden sein. Von daher: Fehlen dem Finanzamt eindeutige Hinweise zu einem steuerlichen Fehlverhalten des Unternehmers in Bezug auf empfangene Leistungen, so ist es – notfalls im Wege der einstweiligen Anordnung – verpflichtet, einer Umsatzsteuer-Voranmeldung zuzustimmen und die Vorsteuer zu erstatten.

Betroffenen ist zu empfehlen, einen aktuellen Beschluss des Hessischen FG zur Hand zu nehmen, der insoweit interessante Hinweise gibt und die Finanzverwaltung ein Stück weit in die Schranken weist (Beschluss vom 13.3.2020, 1 V 276/20).

Der Fall: Die Antragstellerin erklärte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate September 2019 bis Januar 2020 hohe abziehbare Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen inländischen Unternehmen, und zwar zum weitaus größten Teil aus Rechnungen einer Firma C. Das Finanzamt stimmte den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die genannten Voranmeldungszeiträume nicht zu, da es offenbar den Verdacht hegte, dass das Unternehmen in einen Umsatzsteuerbetrug im Zusammenhang mit den Lieferungen der C eingebunden sei. Anfang März beantragte das Unternehmen die Auszahlung der Umsatzsteuer-Erstattungsbeträge im Wege der einstweiligen Anordnung. Der Antrag hatte Erfolg; das Finanzamt muss das Umsatzsteuer-Guthaben auszahlen.

Naturgemäß ist die Begründung des FG sehr am Einzelfall orientiert, so dass diese hier nicht weiter ausgeführt werden soll. Festzuhalten bleibt aber, dass das Finanzamt belastbare Hinweise zu einem steuerlichen Fehlverhalten des Unternehmers vortragen muss, wenn es die Auszahlung eines Umsatzsteuer-Guthabens verhindern will. Es reicht nicht aus, lediglich darauf zu verweisen, dass es in ähnlich gelagerten Fällen zu steuerlichen Betrügereien gekommen ist. So hätte es weitere Nachweise beibringen müssen, etwa zu Lieferwegen, zu weiteren Lieferanten und deren steuerlichem Verhalten, zu Mehrfachumläufen von Waren oder zu ungewöhnlichen Abweichungen bei der Preisgestaltung.

Die Entscheidung des Hessischen FG ist aber nicht nur „in der Sache“ von Interesse, sondern sie zeigt auch sehr anschaulich auf, wie ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung „aussehen“ sollte. Beispielsweise hatte es der Antragsteller nicht übertrieben, sondern diesen auf das zum „kurzfristigen Weiterbetrieb Notwendige“ beschränkt.

 

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