Wann liegt ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor?

Zuletzt hat der BFH mit einer Reihe von Urteilen zum Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte Stellung bezogen. Ob Postzusteller, Lokführer einer Werksbahn oder Rettungssanitäter – der BFH hat jeweils erste Tätigkeitsstätten angenommen. Mich persönlich hat insbesondere das Lokführer-Urteil ein wenig verwundert, da ich hier eigentlich fast den klassischen Fall des weiträumigen Tätigkeitsgebiets gesehen hatte. Doch der BFH hat anders geurteilt: Auch wenn das Einsatzgebiet des Lokführers eine Strecke durch mehrere Ortschaften im Umland umfasst und damit großräumig ist, bleibt es dabei, dass eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt. Der Kläger bewegt sich nicht im öffentlichen Raum, sondern ausschließlich auf betrieblichem Gelände, dem er seitens des Arbeitgebers „zugeordnet“ ist (BFH-Urteil vom 1.10. 2020, VI R 36/18).

Das lenkt den Blick selbstverständlich auf ähnliche Fälle, etwa auf Hafenarbeiter, die auf dem gesamten Hafengelände eingesetzt werden. Diesbezüglich hat das Niedersächsische FG soeben entschieden, dass ein Hafenarbeiter des Hamburger Hafens insgesamt in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet arbeitet. Dies gilt auch dann, wenn er von seinem Arbeitgeber im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Einzelbetrieben auf dem Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt wird. Folglich werden die Fahrten zu dem nächstgelegenen Hafenzugang nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt (Urteil vom 3.2.2021, 4 K 11006/17/NWB-News).

Aber: Wenngleich beim weiträumigen Tätigkeitsgebiet die Fahrten zur nächstgelegenen Einsatzstelle lediglich mit der Entfernungspauschale absetzbar sind, so können aber dennoch Verpflegungspauschbeträge abgezogen werden. Denn die Hafenarbeiter sind ja weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte und somit auswärts beruflich tätig. Es wird hier keine erste Tätigkeitsstätte fingiert, sondern nur die Anwendung der Entfernungspauschale vorgeschrieben. Dies hat das BMF in seinem jüngsten Reisekosten-Schreiben vom 25.11.2020 – IV C 5 – S 2353/19/10011 :006 (BStBL 2020 I S. 1228, RZ. 45) noch einmal bestätigt.

Die Richter der Niedersächsischen FG haben übrigens die Revision zugelassen. Mir ist noch nicht bekannt, ob diese auch eingelegt worden ist.

 

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