Warten auf´s Christkind ohne happy end: Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt wieder auf 19 Prozent

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent angehoben. Darauf verständigte sich die Ampel-Koalition. Der Kampf der Verbände war umsonst. Was hat das für Folgen?

Hintergrund

Ich hatte wiederholt im Blog berichtet: Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz durch das Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl 2020 I S. 1385) auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis 31.12.2023. Im Bundestag gab es zahlreiche Initiativen der Opposition, die Mehrsteuersenkung auf Speisen dauerhaft zu entfristen oder wenigstens um ein weiteres Jahr zu verlängern. Daraus wird jetzt nichts: Die Umsatzsteuer auf Dienstleistungen und Speisen wird ab 1.1.2024 wieder auf den Regelsteuersatz steigen.

Warum hat sich die Regierungsmehrheit den Senkungsplänen widersetzt?

Zuletzt gab es sogar in der Bundesregierung Sympathie für eine dauerhafte Umsatzsteuersenkung in der Gastronomie – wenn sie denn finanzierbar ist. Dann aber kam das Ergebnis der November-Steuerschätzung mit wenig rosiger Entwicklung künftiger Steuereinnahmen, so dass der Bundesfinanzminister feststellen musste, dass es keine finanziellen Spielräume für weitere Entlastungen gebe. Und dann kam der Paukenschlag aus Karlsruhe, als das BVerfG (15.11.2023 – 2 BvF 1/22) das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BGBl 2022 I S.194) für nichtig erklärte und damit ein 60 Mrd. Loch in den Bundeshaushalt riss. Spätestens da war klar: Nix wird’s mit dem Steuer-Weihnachtsgeschenk für die Gastronomie.

Welche Auswirkungen hat die Rückkehr zum Regelsteuersatz?

Für zigtausende Gastronomiebetriebe ist die politische Entscheidung gegen die dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen und Getränke ein herber Nackenschlag. Steigende Personal- und Materialkosten, hohe Inflation und rückläufiger Gastrokonsum: Schon jetzt haben immer Gastrobetriebe zu kämpfen und stehen kurz vor dem Aus. Sie werden gezwungen sein, ab 1.1.2024 die erhöhte Umsatzsteuer an ihre Gäste und Kunden weiterzugeben, den 12 Prozentpunkte mehr Umsatzsteuer können sie nicht aus eigener Tasche finanzieren. Und man muss kein Prophet für die Annahme sein, dass sich bei abermaliger Preissteigerung in der Gastronomie so mancher den Besuch im Restaurant zweimal überlegen wird: Denn die Reallohneinkommen wurden in letzter Zeit durch die hohe Inflation mehr als aufgefressen. Es kann also gut sein, dass das Gastronomieangebot noch weiter zurückgeht: Entweder weil Gastronomen gänzlich aufgeben müssen oder aber die Öffnungszeiten weiter einschränken.

Immerhin bleibt ein Prüfauftrag bestehen, den die Koalition sich selbst erteilt hat: Eine grundlegende Prüfung der kruden Umsatzsteuersystematik in § 12 UStG. Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Lieferung wird mit sieben Prozent besteuert. Werden in der Gastronomie Sitzgelegenheiten zur Verfügung gestellt, gilt der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Gibt es nur Stehtische oder gar keine Möbel, gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent. Da blickt keiner mehr durch, deswegen muss die Umsatzbesteuerung gerade auf Lebensmittel und in Gastronomie spürbar entrümpelt werden.

 

2 Gedanken zu “Warten auf´s Christkind ohne happy end: Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt wieder auf 19 Prozent

  1. Ich habe sowieso das Gefühl, dass die Mehrwertsteuer dringend überholt werden muss.
    Wenn man durch die Supermärkte geht, scheint es beinahe Willkür zu sein, worauf die volle MwSt von 19% erhoben wird und was unter die vergünstigten 7% fällt. Menschen mit alternativen Ernährungen (ob gewollt oder zwangsläufig ist hier ja egal) müssen oft mehr MwSt zahlen, als andere Menschen.

    Warum in der Gastronomie grundsätzlich MwSt erhoben wird, erschließt sich mir sowieso nicht.

  2. Entscheidungen nach Kassenlage. Schlimm!

    Wichtig ist doch die Steuersystematik und nicht der Einzelfall. Es gab ein einschneidendes Argument für die Beibehaltung des niedrigeren Satzes: Im Rest der EU hat die überwiegende Anzahl der Länder für Restaurantleistungen den niedrigeren Satz eingestuft.

    Alles andere, „oh denen geht es so schlecht“, „oh, ich bin zu blöd zu verstehen warum 19%“ oder was auch immer, ist völlig irrelevant.

    Es gibt schon Gründe, warum das Umsatzsteuergesetz die ersten 50 Jahre weitgehend unverändert überstanden hat. Es ist unglaublich systematisch erstellt. Finger weg davon!

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