Wenn das Fahrtenbuch des Lamborghini nicht lesbar ist ….

Manchmal gibt es Urteilssachverhalte, bei denen man den Eindruck hat, einem Theaterstück beizuwohnen. Jedenfalls ist der Sachverhalt zuweilen spannender als die Entscheidung selbst. So auch im Falle eines Steuerpflichtigen, der vor dem FG München klagte. Scheinbar ging es in dem Verfahren hoch her (Urteil vom 9.3.2021, 6 K 2915/17).

Der Kläger, ein Sachverständiger, hatte diverse Fahrzeuge in seinem Betriebs- und Privatvermögen, unter anderem einen Ferrari F 360 Modena Spider, einen Jeep Commander mit 8-Zylinder-Motor und einen Lamborghini Aventador. Mit dem Finanzamt stritt er sich um zahlreiche Punkte, so auch um die Frage, ob die Fahrtenbücher, die für die Nutzung des Lamborghini und auch eines BMW 7er geführt wurden, ordnungsgemäß waren.

In Bezug auf die vorgelegten Fahrtenbücher gab der Kläger an, er hätte dem Finanzamt bereits die Originale ausgehändigt und die geminderte Qualität, die durch die Kopien hervorgerufen worden sei, müsse das Finanzamt gegen sich gelten lassen. Ich konnte dem Urteil nicht entnehmen, ob diese Behauptung zutreffend war. Es ging aber weiter: Der Kläger gab an, dass seine Handschrift infolge einer Arthritis vielleicht nicht für jedermann lesbar sei. Das dürfe ihn aber nicht zum Nachteil gereichen.

Doch weder das Finanzamt noch die Richter des FG hatten ein Einsehen. Handschriftliche Aufzeichnungen müssen lesbar sein, da sie andernfalls ihren Zweck nicht erfüllen können – so die Richter des zuständigen Senats. Es genüge nicht, dass der Steuerpflichtige vorgibt, seine Aufzeichnungen selbst lesen zu können, denn sie dienen nicht dem Steuerpflichtigen als Erinnerungsstütze, sondern zum Nachweis gegenüber dem Finanzamt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Originale besser lesbar sein könnten. Eine Beweiserhebung über die Fahrtenbücher durch das Gutachten eines Graphologen komme im Streitfall nicht in Betracht. Den Finanzrichtern im zuständigen Senat genüge die eigene Sachkunde im Punkt Lesen. Dabei gehe man davon aus, dass für ein ordentliches Fahrtenbuch die allgemeine Lesbarkeit Voraussetzung ist.

Gegen das Urteil liegt zwischenzeitlich die Revision vor (Az. VIII R 12/21). Die Frage lautet unter anderem: Kann die Unleserlichkeit von Fahrtenbüchern durch ein nachträglich erstelltes Transkript geheilt werden?

Übrigens, nur am Rande. Es findet sich folgender schöner Satz in der Urteilsbegründung: „Soweit der Kläger meint, der Lamborghini sei erforderlich gewesen, um bei prominenten Privatpersonen Aufträge zu erlangen, so ist darauf zu verweisen, dass in dem vorgelegten Transkript des Fahrtenbuchs des Lamborghinis keine Prominenten wie beispielsweise Profifußballer als Kunden des Klägers aufgeführt sind.“ Auch schön: „Im Übrigen können Gewerbetreibende in vielen Bereichen wegen des Neideffekts bei Kunden nicht mit teuren Kfz vorfahren.“

Ein Kölsches Sprichwort lautet: „Mer muss och jünne künne.“ (Man muss auch gönnen können.) Dazu konnten sich die Richter des FG München nicht durchringen.


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